Gebrochenes Herz lädiert den Geschmackssinn
Schräger als manche Filmromanze: Komödie zeigt „Ein Herz aus Schokolade“.
Ein Stück, das klebriger klingt als es ist: „Ein Herz aus Schokolade“, bis Ende März in der Komödie am Karlsplatz, lässt vom Inhalt mit Versatzstücken en masse rechnen, die sonst im Kino regelmäßig die Kassen füllen. Gebrochenes Herz lädiert alle Sinne, und retten kann nur die Liebe - so lässt das Stück von Valerie Setaire sich zusammenfassen. Wenn das dann in Frankreich spielt und auch noch Schokolade dazukommt, dann scheinen Schlüsselreize genug bedient, und es kann schön werden oder schrecklich banal. Doch die Komödie am Karlsplatz überrascht.
Dem Chocolatier Henri (Kristof Stößel, Chef der hier zweimonatlich spielenden Truppe) kommt nicht nur die Frau abhanden, sondern durch den Schlag auch der Geschmackssinn - fatal für seinen Beruf. Sein Arzt, Dr. Margaux (Dirk Stasikowski), und sein Lehrling Pascal (Benjamin Krüger) fassen einen Plan und schalten heimlich eine Kontaktanzeige, denn mit der Liebe sollte doch auch sein Schoko-Nerv wieder zu beleben sein. Nach manchem Hin und Her ist es schließlich Sophie (Michèle Connah), bei der alles passt - gekommen war sie allerdings eigentlich nur als jobsuchende Verkäuferin.
Diese Geschichte weiß die Regie zu nutzen - und zwar mit mehr Spaß als Schmalz. Gags am laufenden Band liefert, typisch und dankbar, ein Missverständnis: Vor Sophie kreuzt schon eine Menge Frauen im Laden auf — einer adretten Bühne wie aus dem Bilderbuch — die einen auf Partnersuche, die anderen, um sich auf Henris Stellenangebot zu bewerben. Nie wollen sie und er dasselbe, immer treibt die Lage Blüten - von witzig bis anzüglich. „Oft reicht ja für die Entscheidung die erste Nacht“, haucht offenherzig die erste Kandidatin (Sabine Reinhardt), Henri hält’s für ein Vorstellungsgespräch und korrigiert: „Wir arbeiten hier nicht im Schichtbetrieb.“
Auch sonst geht’s komisch weiter: Arzt und Azubi komplimentieren eine scharfe Schnitte auf den Stuhl und füttern sie eifrig mit Pralinen. Das alles ist deutlich schräger als manch brave Filmromanze, und auch um einiges frivoler.
Retterin ist dann Sophie, die wie durch Zufall vorbeikommt, aber dem Meister sofort den Kopf verdreht. Fast noch wichtiger: Die Chemie stimmt, also die gemeinsame Formel fürs Naschwerk. „Weiße Schokolade? Die tut doch nur so!“ aus ihrem Mund ist sonst nur Henris fachliches Mantra - da könnte ja prompt noch mehr passen.
Kaum überraschend: Es wird noch süß. Der Abend scheint recht zweigeteilt. Erst Schlüpfrigkeiten Schlag auf Schlag, dann wird es sanfter: Fast könnte man glauben, der Teil vor der Pause pflege den provokanten Karlsplatz-Stil, um dann romantisch zu werden. Aber auch in Teil zwei bleibt Stößel notorischer Spaßvogel: „Man muss die Richtung beibehalten, damit man zusammen auf die Weide kommt“, führt der Maitre zwinkernd weiter, was Mademoiselle harmlos über ländliche Umwege erzählt hat. Ein Glück, denn so entgeht das Stück bis zum Schluss der Versuchung, doch noch ins allzu Banal-Gefällige einzubiegen. Gefallen tut der Abend dann aber rundum - falls man kein Problem mit Zweideutigem hat.