Gedenken Eine Mahnung, es besser zu machen
Wuppertal · Gedenkfeier erinnerte an die Befreiung von Krieg und Faschismus am 8. Mai 1945.
Polnische und russische Zwangsarbeiter/innen haben auf dem Friedhof Norrenberg in Wuppertal Heckinghausen ihre letzte Ruhestätte gefunden. Kurz nach Ende des Krieges wurde hier ein Mahnmal mit kyrillischer Schrift errichtet, übersetzt um 1985. Hier an der Theodor-Fontane-Straße liegen auch fast 300 Heckinghauser Bombenopfer, die im zweiten Weltkrieg Opfer der Bombardierungen wurden.
Am 8. Mai 1945 schwiegen endlich die Waffen und die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht beendete den Zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus. In den frühen Jahren der BRD erfuhr dieser Tag zunächst wenig öffentliches Interesse, er war kaum ein Bezugspunkt in der Erinnerungspolitik. In Westdeutschland tat man sich schwer mit dem Datum, symbolisierte es doch Befreiung und Niederlage zugleich.
Anders in der DDR. Hier war er von 1950 bis 1967 ein Feiertag, ebenfalls 1985, zum 40. Jahrestag. In diesem Jahr erfolgte auch in der BRD eine kontroverse Debatte und der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker sprach in seiner Rede „Zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ von einem „Tag der Befreiung“. Es waren die Zeiten der Friedensbewegung, der 8. Mai wurde als Zeichen des Aufbruchs und der Befreiung gesehen.
Damals mit dabei waren Peter Oberhaus und Jochen Vogler. Sie waren auch bei der ersten Gedenkfeier anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Krieg und Faschismus in Wuppertal dabei. Auch diese fand, wie heute noch, auf dem Friedhof Norrenberg an der Theodor-Fontane-Straße statt. Initiator ist die Evangelische Kirchengemeinde Heckinghausen, unterstützt von rund zehn weiteren Kirchengemeinden der Stadt sowie unterschiedlichen Organisationen und Verbänden, vom DGB, der Else-Lasker-Schüler Gesellschaft bis zum Institut für Demokratie und Toleranz.
Auch heute leiden Menschen
unter Krieg und Verfolgung
Wegen des schlechten Wetters fand die Veranstaltung in diesem Jahr in der Kapelle des Friedhofs statt. Rund 50 Besucher fanden sich ein. Bürgermeisterin Bettina Brücher eröffnete mit einer Ansprache. Sie spannte den Bogen zu den Problemen der heutigen Zeit, in der für viele Menschen ebenfalls wieder Verfolgung, Krieg und Terror herrschen. Eine Mahnung, es besser zu machen, sollen die Gräber sein.
Sebastian Schröder vom Bund der Antifaschisten hatte konkrete Forderungen an die Stadt. Mahnmale, die den Krieg und Kriegsverbrecher verherrlichen, sollten aus dem Stadtbild entfernt werden. Er regte einen Friedensraum für Wuppertal an, denn „nicht Hass, sondern die Liebe regiert die Welt“. Untragbar sei auch für ihn die Werbung der Bundeswehr auf den Schwebebahnwagen.
Für den erkrankten Pfarrer Christian Höhne sprang Pfarrer Werner Jacken ein. Er stellte in seiner Rede die Kultur des Gedenkens in den Vordergrund und ließ Stimmen zu Wort kommen, die sich 1995, 50 Jahre nach Kriegsende, an das Gefühl der Befreiung erinnerten. „Mama. Die tun ja gar nichts, die lachen ja wie wir“, erinnerte eine Betroffene, die 1945 ein kleines Mädchen war. Andere dachten an eine Nacht, die wieder im Bett und nicht im Luftschutzbunker verbracht wurde.
Die Zeitzeugen werden weniger und die Erinnerung verliert ihre Gesichter. Daher ist es nun an der Generation, die die Zeitzeugen noch erlebt hat, das Gedenken zu wahren als Gegenpol zu Dummheit und rechten Rattenfängern. „Gedenken ist Arbeit“, mahnte Jacken, die Erinnerungen müsse in den Überlebenden lebendig bleiben. Musikalisch untermalt wurde die Veranstaltung vom Gemshornbläserensemble „Carmina venti“.