GEW: Wuppertal fehlen 350 Lehrer

Eine Umfrage zeigt Belastung durch Mehrarbeit. Die Gewerkschaft fordert Vertretungsreserve von acht Prozent.

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Die Schulen brauchen keine Lehrer, um den Unterrichtsausfall zu zählen, sondern Lehrer, die unterrichten — um das deutlich zu machen, hat der Stadtverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) 700 Wuppertaler Lehrer befragt. Das Ergebnis zeigt Überstunden und zahlreiche Maßnahmen, um den Ausfall von Kollegen zu kompensieren.

Anlass war die Ankündigung der NRW—Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP), 183 Lehrerstellen zur Verfügung zu stellen, um den Unterrichtsausfall zu zählen. „Ich weiß nicht, warum wir Lehrer zum Zählen brauchen“, wundert sich Helga Krüger vom Vorstand der GEW. Das könnten auch Verwaltungskräfte.

Die GEW Wuppertal hat im Februar 700 Lehrer aller Schulformen befragt. In dem Monat gab es durch Zeugnisausgabe und Karneval insgesamt 17 bis 18 reguläre Unterrichtstage. Die Lehrer machten in dieser Zeit durchschnittlich 4,7 (Realschulen) bis 6,1 Überstunden (Gymnasium).

Zudem berichten sie in der Umfrage davon, wie sie fehlende Kollegen ersetzen: Sie betreuen zwei oder sogar drei Klassen gleichzeitig oder die unbetreuten Schüler werden auf andere Klassen aufgeteilt, für Oberstufenschüler wird „eigenverantwortliches Arbeiten“ angesetzt, das heißt, sie müssen sich ohne Aufsicht beschäftigen, Fördergruppen werden aufgelöst.

„Die Kollegen machen Klimmzüge, um die Kinder überhaupt zu versorgen“, sagt Helga Krüger. Das sei eine Belastung für die Kollegen, andererseits gehe Unterrichtsqualität verloren: „Das ist nur noch reine Verwahrung.“

Ein Gymnasium hat gemeldet, dass knapp 13 Prozent des Unterrichts nicht von der dafür geplanten Lehrkraft gehalten worden seien. Die Mehrarbeit der Kollegen dadurch ersetze 2,6 Lehrerstellen. Um alle Vertretungsnotwendigkeiten auszugleichen, wären sechs zusätzliche Kollegen nötig.

Laut Gewerkschaft ist Ursache dieser Probleme ein massiver Lehrermangel: „Das ist ein strukturelles Problem, das seit Jahren nicht angegangen wird“, so Krüger. Allein der Krankenstand betrage aktuell 6,3 Prozent. „Dazu kommt noch der Ausfall durch Klassenfahrten und Fortbildungen“, macht die Gewerkschafterin deutlich. Daher sei eine Vertretungsreserve von acht Prozent nötig. Bei derzeit rund 3000 Lehrern in Wuppertal seien das 240 Stellen. Zudem seien etwa 110 Stellen nicht besetzt, weil Bewerber fehlten.

Früher sei eine Reserve von vier Prozent vorgesehen gewesen, sagt Christian Neumann von GEW-Fachgruppe Realschulen. Inzwischen sei diese auf unter ein Prozent abgeschmolzen worden — ein Teil davon sei sogar für „individuelle Förderung“ vorgesehen.

Die Gewerkschaft fordert das Land auf, für mehr Lehrer zu sorgen: Zum einen müssten mehr Studienplätze geschaffen werden. „Da muss die Landesregierung ein Zeichen setzen“, fordert Helga Krüger. Zum anderen müsse etwas für die Attraktivität des Berufs getan werden: Die Bezahlung müsse für alle Schulformen gleich sein, angestellte Lehrer müssten angemessen bezahlt werden und die derzeitige Belastung müsse abgebaut werden.

Darüber hinaus hat Helga Krüger eine grundsätzliche Forderung: „Das Land muss in guten Zeiten das Personal halten und nicht abbauen.“ Stattdessen seien vor Jahren Lehrer in die Arbeitslosigkeit geschickt worden. Das habe den Beruf unattraktiv gemacht, nun fehlten Pädagogen, was zur Mehrbelastung der jetzt arbeitenden Lehrer führe und den Beruf noch unattraktiver mache.