Gewalt gegen Beamte nimmt zu
Ganz gleich, ob Polizei oder Ordnungsamt: Die Beamten werden häufiger angegriffen. Deswegen tragen sie Schutzwesten.
Wuppertal. Bespuckt, beleidigt und getreten — erst am Donnerstag haben Polizeibeamte das erlebt. Nach einem Einbruchsversuch am Röttgen gingen die Beamten auf eine Gruppe Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren zu. Ein 15 Jahre alter Junge wurde dabei aggressiv und beleidigte die Beamten „massiv“, so die Polizei. „Als ihm Handfesseln angelegt werden sollten, spuckte er einer 30-jährigen Polizeibeamtin mitten ins Gesicht. Beim Einsteigen in den Streifenwagen trat er mehrfach gegen die Polizeibeamten. Er beleidigte fortwährend die Einsatzkräfte und auch unbeteiligte Bürger“, schildert die Polizei den Fall. Es klingt außergewöhnlich, ist es aber nicht.
Im Jahr 2015 gab es 212 Fälle von Widerstand gegen Beamte, sagt Polizeisprecher Christian Wirtz. 2016 seien es noch mehr gewesen. Wie viele darf er aber nicht sagen. Die Zahlen müssten erst vom Innenministerium des Landes freigegeben werden. Dahinter stecke anscheinend ein gesellschaftliches Problem, auch abseits der Gewalt. Wirtz spricht von mehr Respektlosigkeit, Distanzlosigkeit, Provokation. Immer wieder gibt es auch Verletzte unter den Beamten. Es gehe vor allem um Jugendliche zwischen 18 und 25, meist alkoholisiert.
Gabi Schmidt, Kreisgruppenvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagt, es sei im Moment „sehr massiv“. Und es betreffe alle Schichten und Gruppen: „Normalbürger werden bei Verkehrskontrollen patzig und pampig. Normale Leute werden handgreiflich oder sperren, wenn sie kontrolliert werden sollen. Jugendliche rotten sich in Gruppen zusammen und bedrängen die Kollegen.“
Für die Polizei geht das Problem so weit, dass die Beamten Schutzwesten tragen, die kugel- und stichfest sind. „90 Prozent der Kollegen tragen sie“, sagt Wirtz.
Die Situation betrifft aber auch andere Beamte, etwa die des Ordnungsamts. Gerade haben die Grünen im Ausschuss für Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit eine Anfrage gestellt. Paul Yves Ramette von der Grünen-Fraktion sagte, die Anfrage habe es gegeben, weil sie immer häufiger von Übergriffen gehört hätten.
Wie hoch die Zahl ist, kann die Stadt nicht sagen. Es gebe dazu keine Statistik. Aber auf vielfacher Ebene sind die Beamten zumindest für die Selbstverteidigung ausgerüstet. Zwar hat die Feuerwehr keine Ausrüstung dafür, aber die Gerichtsvollzieher sind mit Pfefferspray, das Ordnungsamt zusätzlich mit Handfesseln und den gleichen kugelsicheren Westen wie die Polizei ausgestattet — schon seit zehn Jahren. Laut Carsten Vorsich, Chef des Ordnungsamtes, machen seine Mitarbeiter zusätzlich alle zwei Wochen Selbstverteidigungstraining: „Das gleiche wie die Polizei.“
Zwar gebe es keine Zahlen, und körperliche Angriffe seien die Ausnahme, aber es gebe eine Zunahme bei verbalen Anfeindungen. „Mittlerweile bringen wir jede Beleidigung zur Anzeige“, sagt Vorsich. „Das passiert wöchentlich.“
Für die Beamten sei die Situation sehr belastend. „Die Ablehnung strömt ihnen entgegen. Jedes Gespräch über Kleinigkeiten kann sich zu einem Konfliktgespräch entwickeln und in heftigem Widerstand enden“, beschreibt Vorsich die Situation.
Gabi Schmidt sagt, es müsse sich etwas ändern. Nach solchen Erfahrungen seien Kollegen geschädigt, teilweise bleiben sie dem Dienst fern. „Sie fühlen sich hilflos und haben das Gefühl, sie machen den Dienst für die Tonne.“ Das gilt nicht nur für die Polizei.