Offen gesagt Hackfleisch statt Filet

Ob sich der Döppersberg nun trotz oder wegen Politik und Verwaltung so entwickelt, wie er sich entwickelt, darüber lässt sich trefflich streiten. Für „wegen“ spricht, dass überhaupt einmal die einzig richtige Entscheidung getroffen wurde, das Gebiet vor dem Bahnhof neu zu gestalten.

Für „wegen“ spricht außerdem, dass für die Arbeiten in städtischem Auftrag bisher sämtliche Termine gehalten wurden. Und auch die Kostenentwicklung von etwa 140 Millionen auf jetzt etwa 160 Millionen Euro ist angesichts von Skandalen wie Elbphilharmonie und Flughafen Berlin noch erträglich.

Auf der anderen Seite sind bereits einige Kröten zu schlucken gewesen, die Stadtverwaltung und Ratsleute den Wuppertalern leicht hätten ersparen können. Das episch breite Asphaltband vor dem Primark-Gebäude beispielsweise ist angesichts der Suche nach der Mobilität von Morgen nicht mehr zeitgemäß. Das Primark-Gebäude musst wirklich nicht um fast 30 Meter Richtung Hauptbahnhof verschoben werden. Und die Idee, auf dem Gelände auch noch ein Drogencafé unterzubringen, ist auch nicht überzeugend.

An all dem lässt sich vermutlich nicht mehr viel ändern. Leider. Umso aufmerksamer sollten Rathaus und Rat daher sein, was mit der Bundesbahndirektion geschieht. Dort ist seit zwei Jahren der Umbau zu einem Factory-Outlet-Center vorgesehen. Getan hat sich seither allerdings nichts. Jedenfalls nicht auf der Baustelle. Während der zunächst angepeilte Öffnungstermin „Spätsommer 2017“ längst ein schlechter Witz ist, hat das Projekt die ohnehin nicht ungetrübte Freundschaft zwischen Wuppertal und Remscheid so gut wie beendet. Um dem Eigentümer der Bahndirektion einen Vorteil gegenüber der Nachbarstadt zu verschaffen, hat Wuppertal sogar Anwälte bemüht. Auch in Remscheid soll ein Outlet-Center entstehen, aber Wuppertal wollte schneller sein. Die Gerichte sollten die Nachbarn bremsen.

All das ist längst sinnlos. Denn in der Bahndirektion tut sich seit Monaten so gut wie gar nichts mehr. Und bis dahin hatte noch nichts richtig begonnen.

Das Filetstück des Stadtzentrums gehört der Investorengruppe Clees. Die hat auch mit dem Wicküler Park ihre Mühe, und an der Kaiserstraße in Vohwinkel steckt wie am Döppersberg das Messer in der Sau.

Das sollte den Leuten im Rathaus eine Warnung sein. Längst ist nicht mehr auszuschließen, dass das mit dem Outlet-Center vor dem Hauptbahnhof gar nichts wird. Und dann?

Dann gibt es im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Entweder versucht die Stadt, bei der Entwicklung der Bundesbahndirektion irgendwie die Fäden in die Hand zu bekommen, oder der Eigentümer wird es mit gutem Recht vermarkten, wie er es am besten kann. Dann begrüßt Wuppertal seine bahnreisenden Gäste mit zwei ansprechenden Gebäuden. Im einen verkauft ein Textilsupermarkt Klamotten tütenweise an Teenager. Im anderen buhlt etwa neben dem 1-Euro-Shop beispielsweise Rudis Resterampe um Kunden. Hackfleisch statt Filet.

Und das alles im neuen Herzen der Stadt, das für weit mehr als 300 Millionen Euro operiert worden ist. Herzlichen Glückwunsch.