Projekt Helios spendet jetzt „Lebensluft“

Barmen. · Das Krankenhaus beteiligt sich an einem Projekt zur Behandlung von Patienten, die nach einem Klinikaufenthalt auf künstliche Beatmung angewiesen sind.

Krankenschwester Pia Bialek-Honnef und Prof. Dr. Kurt Rasche stellten das Projekt „Lebenslust“ am Helios in Barmen mit Patientin Angelika Neudeck vor.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Patienten, die nach einem Krankenhausaufenthalt dauerhaft künstlich beatmet werden müssen, sollen im Helios-Universitätsklinikum künftig neue „Lebensluft“ erhalten. Seit diesem Sommer beteiligt sich das Bergische Lungenzentrum der Klinik an einem gleichnamigen Modellprojekt, das vor drei Jahren am Helios-Klinikum in Krefeld gemeinsam mit der Krankenkasse AOK Rheinland/Hamburg gestartet worden war. Ziel ist es, den Patienten und Betroffenen ein Leben ohne künstliche Beatmung zu ermöglichen. Zwölf Plätze werden in Wuppertal dafür zur Verfügung stehen. Derzeit ist die Station noch im Aufbau, bis zum kommenden Frühjahr oder Sommer soll sie in den Regelbetrieb übergehen.

Am Montag wurde das Projekt offiziell vorgestellt. Zimmer des ehemaligen Schlaflabors können künftig für die Behandlung und Nachbetreuung von Patienten genutzt werden, die zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt über einen längeren Zeitraum künstlich beatmet werden mussten und deren Atemmuskulatur sich durch die maschinelle Beatmung zurückgebildet hat. Viele der in der Regel älteren Patienten sind deshalb auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weiter auf eine künstliche Beatmung über eine Kanüle im Hals angewiesen.

Das Projekt soll in Zukunft bundesweit ausgerollt werden

Hier soll die „Lebensluft“-Station Unterstützung leisten und dafür sorgen, dass Menschen, die sonst möglicherweise auf lebenslange künstliche Beatmung angewiesen wären, „vollständig entwöhnt“ werden. Auf der Wuppertaler Station kümmern sich Ärzte verschiedener Fachrichtungen, Krankenpfleger, Logopäden sowie Ergo-, Physio- und Atmungstherapeuten in individueller Atmosphäre um die Patienten. Jeder Patient bekommt ein Einzelzimmer, zur Mobilisierung und Stärkung der Muskulatur kommen Hilfsmittel wie etwa ein Gangtrainer zum Einsatz. Sein Team setze „alles daran, unsere Patienten endgültig von der Beatmungsmaschine zu entwöhnen“, erklärte der Direktor der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin am Helios-Universitätsklinikum Wuppertal, Prof. Dr. Kurt Rasche.

Zwei bis drei Monate soll der Aufenthalt in der Station in der Regel dauern. Das „Lebensluft“-Angebot schließe eine „Versorgungslücke“, sagte das Mitglied des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg, Matthias Mohrmann. Angesichts der Tatsache, dass diese Versorgungsproblematik bundesweit bestehe, wolle man das Projekt nun „bundesweit ausrollen“, erklärte der AOK-Vertreter.

Das Helios-Uni-Klinikum in Wuppertal ist der bundesweit zweite Standort, an dem das Modellprojekt erprobt wird. Anlass für den Start des Projekts sei die Tatsache, dass die Fortschritte im Bereich der Lungenheilkunde in den vergangenen Jahren „nicht so groß“ gewesen seien wie etwa in den Bereichen Kardiologie oder Neurologie, sagte Dr. Manuel Streuter, der als Chefarzt des Helios-Klinikums Krefeld das „Lebensluft“-Projekt gemeinsam mit seinen Kollegen ins Leben gerufen hat. Bislang habe man in Krefeld rund 190 Patienten im Rahmen dieses Projekt behandelt. Etwa 60 Prozent konnten zum Abschluss der Behandlung wieder eigenständig atmen.

Nach Angaben von Streuter fehlt es bislang grundsätzlich an einer langfristigen medizinisch-therapeutischen Nachbehandlung von Patienten, die nach einer längeren künstlichen Beatmung wieder selbst atmen lernen müssen.

Den Angaben zufolge gibt es bundesweit pro Jahr etwa 350 000 Fälle, in denen Patienten in Krankenhäusern künstlich beatmet werden – laut Hochrechnungen müssen 16 000 bis 27 000 der Patienten auch nach der Entlassung aus den Kliniken weiter künstlich beatmet werden. Zwar gebe es bundesweit bereits etwa 45 sogenannte Beatmungsentwöhnungseinheiten, die auf die Behandlung dieser Patienten eigentlich ausgerichtet seien, sagte Streuter. Allerdings sei dieses Angebot nicht ausreichend, da die Behandlung der Betroffenen sehr intensiv sei und sich Erfolge mitunter erst nach Behandlungszeiträumen von weiteren zwei bis drei Monaten einstellten.