Cronenberg. Hütterbusch-Kinder kommen zu Fuß
Cronenberg. · Die Grundschule konnte viele Eltern überzeugen, ihre Kinder nicht bis vor die Schule zu fahren.
Wer kurz vor 8 Uhr Richtung Grundschule Hütterbusch unterwegs ist, sieht überall Schulkinder: Allein oder in Gruppen, mal mit erwachsener Begleitung, mal nur Kinder laufen über die Gehwege. Direkt an der Schule sind nur wenige Autos zu sehen, aus denen Kinder mit Schulranzen springen. Denn die Schule hat erfolgreich dafür geworben, auf die berüchtigten Eltern-Taxi-Fahrten zu verzichten. Nun beschloss die Bezirksvertretung, dass zwei Hol- und Bringzonen auch offiziell eingerichtet werden.
Früher habe es immer ein „Verkehrschaos“ auf den kleinen Straßen im Umfeld der Schule gegeben, erzählt Schulleiterin Nathalie Kusch. Denn zahlreiche Eltern versuchten, ihre Sprösslinge möglichst nah am Schulgebäude aus dem Auto zu lassen. „Seit Jahren haben wir darauf aufmerksam gemacht“, sagt die Schulleiterin. Einen Durchbruch gab es erst, als die angehende Bau-Ingenieurin Sonja Wenzel die Verkehrssituation zum Thema ihrer Bachelor-Arbeit machte.
Sie zählte bis zu 70 Autos an der Schule, befragte die Eltern. Die nannten als Gründe für den Bringdienst die Länge des Wegs, manche auch die Befürchtung, die Kinder könnten sich bei Wind und Wetter erkälten. Und ein wichtiges Thema war eine mögliche Gefährdung der Kinder. Daher suchte die Studentin Parkplätze im Umfeld der Schule, die die Eltern ohne großen Umweg anfahren können und von denen die Kinder einen sicheren Weg zur Schule haben – so genannte Hol- und Bringzonen.
Überzeugungsarbeit
mit der „März-Offensive“
Jetzt ist sie stolz, dass diese auch amtlich eingerichtet werden. Denn Kommilitonen hätten ähnliche Vorschläge für andere Schulen gemacht, ohne dass sie Praxis wurden. „Meine Arbeit wird umgesetzt“, sagt Sonja Wenzel voller Freude. Das liege sicher auch daran, dass sich Schulleiterin Nathalie Kusch so dafür eingesetzt hat.
So gab es einen Themenabend in der Schule, bei dem Sonja Wenzel ihre Hol- und Bringzonen vorstellte, die Schulleitung bei den Eltern ums Mitmachen warb. Es folgte die „März-Offensive“: Kinder verteilten Bildchen mit Zitronen an Eltern, die bis zum Schultor fuhren, und Gummibärchen an alle, die zu Fuß kamen. „Die Kinder haben auch zu Hause Druck gemacht“, berichtet Nathalie Kusch. „Das alles hat unheimlich viel bewegt.“
Überzeugt hat das zum Beispiel Zdenka Hardi. Ihren Sohn hat sie immer zur Schule gefahren, Tochter Sara (8) bringt sie jetzt zur Bringzone oder lässt sie ganz laufen. „Ich war skeptisch“, sagt die Mutter. „Ich fand es eigentlich sicherer, die Kinder zur Schule zu fahren. Aber ich habe auch eingesehen: Wenn alle die Kinder bringen, führt das zu mehr Verkehr.“ Sie habe die Bringzone ausprobiert: „Ich bin jetzt voll überzeugt.“ Sara sei fitter und selbstständiger geworden. „Sie sagt jetzt stolz ,Ich will ganz allein gehen.’“
Franziska Karpyschyn musste nicht überzeugt werden. „Meine Tochter ist von Anfang an zu Fuß gegangen.“ Selbst wenn die Mutter mit dem Auto Material für Veranstaltungen zur Schule bringt, geht Tochter Lenya (7) zu Fuß. „Ich kann andere Eltern nur dazu ermutigen“, sagt Fanziska Karpyschyn. Sie könne beobachten, wie Lenya immer selbstständiger werde. So habe ihre Tochter als Sechsjährige eigenständig einen neuen Heimweg gesucht, als eine Baustelle den gewohnten Weg versperrte. „Solche Erlebnisse haben Kinder nicht, wenn sie gefahren werden.“