Im Zoo übernehmen die Kinder das Dirigat

Die Sinfoniker spielten am Sonntag in der Konzertmuschel. Generalmusikdirektorin Julia Jones überließ den Taktstock den Besuchern.

Foto: Gerhard Bartsch

Es ist 12 Uhr am Sonntag. Bei hochsommerlichem Wetter ist ein tiefentspanntes Dasein im Zoo genau das Richtige. Man schlendert zwischen den Gehegen her, sagt Elefanten, Löwen und Affen guten Tag oder setzt sich gemütlich auf eine der vielen Bänke. Kinder toben durch die Gegend oder haben die Eltern erfolgreich um ein Eis angebettelt. Doch ups, was ist denn das? Gehört das denn wirklich zu der romantischen Idylle? Seitlich neben dem heruntergekommenen Pavillon bauen ein paar Leute Stühle und Notenpulte auf. Auch ein Dirigentenpult mit Podest wird aus einer der Transportkisten gekramt und davor gestellt. Zu guter Letzt kommt noch ein Schild dran. Darauf steht: „Conduct us / Dirigier uns“.

Dabei bleibt es natürlich nicht. Nach und nach trudeln Menschen im edlen schwarzen Dress ein. Die Herren der Schöpfung zusätzlich mit weißem Hemd und hochgebundener Krawatte. Und das bei Temperaturen weit über 20 Grad! Das sieht ganz nach Dienstkleidung aus. Es sind Profimusiker, die Instrumentenkoffer mit sich herumschleppen. In aller Ruhe wird ausgepackt.

Im sommerlichen Outfit kommt dann auch noch Wuppertals Generalmusikdirektorin Julia Jones daher. Jetzt ist alles klar. Mitglieder des Sinfonieorchesters machen sich hier an der Hubertusallee oberhalb des Stadions breit. Mittlerweile ist es 13 Uhr ge-worden. Zumindest werden die Jacketts ausgezogen und an die Stuhllehnen platziert, als sie Platz nehmen. Die Instrumente einigen sich anschließend auf den gleichen Kammerton.

Und nun? Jones steht mitten in der stehen gebliebenen Schar an Zoogästen, Kinderwagen werden hin und her geschoben. Will sie nicht endlich einmal zum Dirigentenpult gehen und loslegen? Sie scheint überhaupt nicht daran zu denken.

Auf einmal steht stattdessen ein junges Mädchen namens Lea Marie da und schwingt den Taktstock. Sie ist die Tochter eines städtischen Sinfonikers. Ach so, jetzt fällt es wie die Schuppen von den Augen: Jeder, der Lust und Laune hat, darf ran an den Speck und ausprobieren, wie es sich so als Dirigent anfühlt.

Gefühlt haben die Musiker Stücke von Wolfgang Amadeus Mozart sicher schon 1000 Mal gespielt, können die Noten hoch- und runter, vorwärts und rückwärts spielen, gerade die Klassikhits aus der Jupitersinfonie, Figaros Hochzeit und „Eine kleine Nachtmusik“.

Doch so einfach scheint das dann doch nicht zu sein, wenn man ganz genau so spielt, wie vorne geschlagen wird. Manchmal geht es so drunter und drüber im Orchester, dass sich die Trommelfelle wünschen, mit Ohrstöpseln geschützt zu werden. Mal schleicht die Musik vor sich hin, mal wird das Tempo so richtig angezogen. Dann klingt es auf einmal wieder schön.

Am mutigsten sind die Kinder, allein oder zu zweit. Wann hat es im seriösen Konzertleben schon einmal ein Stereodirigat gegeben? Keine Ahnung. Macht nichts. Der Spaßfaktor steht nämlich im Vordergrund und die Freude am Ausprobieren. Nach knapp 45 Minuten ist Schluss mit dem Happening. Ein paar Regentropfen fallen vom Himmel. Denn wehe, den Instrumenten passiert etwas, wenn es richtig regnet. Kurze Zeit später war es soweit.