Galerie Kunstkomplex: Starkregen und andere Katastrophen

In der Galerie an der Hofaue ist die Ausstellung „Apocalypse yesterday“ zu sehen.

In zahlreichen Miniatur-Collagen setzt sich Samantha Heydt mit Umweltzerstörung auseinander. Foto: Andreas Fischer

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Wären nicht die Folgen so ernst und real gewesen: Wäre Samantha Heydt Performancekünstlerin, hätte man damals fast eine Aktion vermuten können. Als die Amerikanerin im Mai im Elberfelder „Kunstkomplex“ ihre Schau „Apocalypse yesterday“ eröffnen wollte, führte das Unwetter zu nassen Untergangsszenarien - auch in der Galerie an der Hofaue. Alls sie eintraf, rechnete sie schon mit dem Schlimmsten und hatte sich fast arrangiert – fand ihre Werke aber intakt vor. Nun kam es im zweiten Anlauf zur Vernissage; zugleich wurde die Wiedereröffnung der Galerie gefeiert, die es hart getroffen hatte.

Umweltzerstörung
und Konsum

Das Gros von Heydts Werken sind Miniaturen, die nahes Herangehen erfordern. Dutzende Collagen im Rahmen bedecken die Wände, hinzu kommen einige Objekte im Raum. Vor das Foto eines Kraftwerks ist ein kauerndes Paar montiert. Ein ähnliches Szenario gibt es vor einem Bild des 11. September. Skurriles wie ein Gebiss plus Bild von Marlene Dietrich. Zeitungsausschnitte, Naturfotos, Reklame sind zu neuen Ansichten kombiniert. Und alle variieren dasselbe Anliegen: Heydt vertritt eine kritische Haltung zur Zeit und verbindet das mit ihrer Selbstsicht als Künstlerin.

Der Umgang mit Welt und Natur treibt sie um, Beispiele dafür benennt sie zuhauf: Umweltzerstörung aus Profitgier, verantwortungslose Energiegewinnung, das umstrittene Fracking, Waldvernichtung. All das setzt sie in Bezug zum Phänomen Konsum, und hier geht die Zeitbetrachtung über in die Wahl künstlerischer Mittel: Werbung und Medien lenken ab vom Existenziellen hin zur Oberfläche. In ihrer Arbeit werden sie daher zum Material.

Es ist ein Konglomerat von Variationen: Krisen dieser Welt plus Verarbeitung mit deren Mitteln. „Ich arbeite ständig“, berichtet sie. „Ich habe eine Menge an Material.“ Gefragt, ob ihr Vorgehen spontan sei, korrigiert sie freundlich: Sie bevorzugt das Wort „intuitiv“. Die Gestaltung ist nicht Selbstzweck, sondern verfolgt einen Anspruch: „Awareness“, Bewusstsein zu schaffen, wo die Zustände fast apokalyptisch sind – und wo Handeln Not tut.

Während ihr Werk unerwartet vom Wasser verschont blieb, wurde die kleine Galerie „Kunstkomplex“ schwer getroffen. Zweihundert Kunstwerke - mit dieser erschreckenden Zahl beziffert Galeristin Nicole Bardohl, die damals fatal getroffenen Werke. Praktisch jeder der hier vertretenen Künstler sei Leidtragender gewesen, Acher Reinbold, Kim Demuth und all die anderen. „Ein Werk von Lisa Wisse mochte ich selbst besonders – es ist ebenfalls zerstört.“

Bemerkenswert cool hat sie das Beste daraus gemacht: Die kleine Schau im Hinterraum folgt seitdem einer Auswahl, wie ein Galeriegast sie doch selten erlebt. Die Bilder dort waren sämtlich Opfer des Regens. Viele sind zwar nur blessiert – aber sie sind doch allesamt deutlich Zeugen eines ganz realen Unglücks.