Keine Chance für Trickbetrüger

Sicher hat manch einer von Ihnen auch eine dieser seltsamen E-Mails erhalten, in denen einem mitgeteilt wird, man habe eine größere Erbschaft gemacht: „Guten Tag…mein Name ist Herr Larry Verbeulen, ich bin der bevollmächtigte Rechtsanwalt des verstorbenen Ingenieur Hans Peter… Bevor Herr Hans Peter…verstarb, hat er in einem Schließfach einer sich in Spanien befindlichen Bank eine Summe in Höhe von: Zehn Millionen und Zweihundertundfünfzigtausend Euro hinterlassen….“

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht, wenn Sie so etwas lesen. Ich stutzte, schloss meine Augen, sah mich an einem Karibikstrand unter Palmen liegen und einen weiß gekleideten Kellner, der eiligen Schrittes mit einem Tablett voller köstlicher, exotischer Cocktails daher kam, um die coolen, leckeren Mixgetränke auf einen kleinen, goldenen Tisch neben meinem Liegestuhl zu platzieren. Aber ich träumte nur kurz, weil sich dieses Märchen nur ein böser Mensch aus dem Internet ausgedacht hatte, der an meine Daten wollte, um mich finanziell zu schädigen.

Es ist auffällig, wie viele Halunken mir E-Mails in schlechtem Deutsch und im Namen der Telekom schreiben und mich auffordern, mein Konto zu schützen, sonst könnte man für meine Sicherheit nicht mehr garantieren. Wenn ich einen dieser Knilche mal im Supermarkt treffe, die mir vorschreiben, auf was ich mit meiner Maus klicken soll, dann würde ich diesem Ganoven meinen Einkaufswagen gnadenlos in die Hacken fahren.

Als in meiner Kindheit meine Oma oft bei uns war, gab es die Gauner an der Türe, sogenannte Drücker, die meiner Großmutter Wochenmagazine wie „Das Neue Blatt“ oder „Frau im Spiegel“ andrehen wollten. Ich wusste das damals zu verhindern, indem ich ganz fürchterlich zu weinen begann. Wenn mein herzerweichendes Schluchzen nicht half, das sittenwidrige Verkaufsgespräch zu beenden, schrie ich wie am Spieß, so dass Türen beider Nachbarn aufgingen und der Drücker die Verhandlungen mit meiner Oma spontan abbrach.

Die beiden Hausfrauen und Mütter, die jetzt den penetranten Zeitungsverkäufer an der Backe und auf der Matte hatten, mussten sehen, wie sie alleine klar kamen. Ich konnte mich mit meinen fünf Jahren nicht um alles kümmern. Meine Oma war, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, etwas angefressen, weil sie nun die Klatsch-Geschichten über Königin Elizabeth und den Schah von Persien nicht lesen konnte. Aber ich tröstete sie, indem ich ihr meine Fix und Foxi- und Mickey Mouse-Hefte für einen Nachmittag großzügig überließ.

Ich komme zwar stetigen Schrittes in ein Alter, in dem man gerne mal auf den sogenannten „Enkel-Trick“ reinfallen könnte, doch hat mich so ein räuberischer Anruf noch nicht erreicht. Der „Sohn-Trick“ funktioniert bei mir immer, aber ich habe ja auch einen. Unfassbar, ekelhaft und zutiefst verabscheuungswürdig war ein Erpressungsversuch, dem ich kürzlich zum Opfer fallen sollte. In einer E-Mail wurde mir folgendes mitgeteilt: „Wir haben eine RAT-Software auf ihrem Gerät installiert…ich habe alle vertraulichen Informationen von ihrem System heruntergeladen….die interessantesten Sachen, die ich entdeckt habe, sind Videos von Ihnen, auf denen Sie masturbieren…ich habe einen Virus auf die Pornoseite gepostet und dann haben Sie ihn auf ihr Betriebssystem installiert…senden Sie mir $300 in BTC (Kryptowährung)…“ Mir wurde angedroht, dass die Videos von mir bei Nichtzahlung an alle meine Freunde und Bekannten verschickt würden.

Ich habe natürlich nicht bezahlt, zumal ich bei der Sparkasse meinem Sachbearbeiter nicht schamvoll mitteilen wollte, dass er 300 Dollar von meinem Konto in diese Kryptowährung wechselt, um sie dann diesem Halsabschneider zu überweisen.

Aber was für mich ganz wichtig ist: Es existieren von mir keine dieser Videos, damit das klar ist. Im Blickfeld meiner Kamera ist nur mein Kopf. Um meinen Unterleib sehen und filmen zu können, hätte ich ja während dieses höchst intimen Vorgangs aufstehen müssen. Aber mal im Ernst: Die Kamera oben am Monitor meines Mac habe ich bereits 1984 überklebt, kurz nachdem ich George Orwells Roman gelesen hatte.