Biedermann im Rex: ein Fiasko und viel Applaus
Das Taltontheater zeigt „Biedermann und die Brandstifter“ im Rex-Theater.
Wuppertal. "Scherz ist die drittbeste Tarnung, die zweitbeste Sentimentalität. Aber die beste und sicherste Tarnung ist die blanke und nackte Wahrheit", erklärt Eisenring (Dennis Ellerbrake) unverblümt. "Es ist eindeutig Benzin, der ganze Dachboden voll Benzin" - das hat Herr Biedermann (Edmund Willms) schon vorher konstatiert. Doch Biedermanns Motto ist: "Ich bin ein freier Bürger. Ich kann denken, was ich will." Der kollektiven Hysterie mag er sich nicht anschließen, das würde ja jeden vernünftigen Gedanken verhindern. So nimmt das Schicksal seinen Lauf, am Ende brennt auch sein Haus lichterloh.
Vom Autor Max Frisch als Burleske bezeichnet, trägt das erstmal 1948 in Tagebuchnotizen erwähnte Stück "Biedermann und die Brandstifter", das am Donnerstagabend im voll besetzten kleinen Saal des Rex-Theaters Premiere hatte, den Untertitel "Ein Lehrstück ohne Lehre".
Frischs Klassiker kann als Paradebeispiel für die politische Agonie des passiven Bürgers gesehen werden: Obwohl Gottfried Biedermann ahnt, dass ein Fiasko droht, ist er zu ängstlich und bequem, Paroli zu bieten. Halbherzig hofft er, durch Nichtstun eine Art Bonus zu erhalten, und glaubt, wenn er die Augen schließt, um nicht zu sehen, was passiert, passiert auch nichts.
Die Originalität und Unverwechselbarkeit der Figuren wirken in Jens Kalkhorsts bündiger Regie etwas eindimensional. Angela del Vecchio gibt Babette Biedermann als schmallippigen Blaustrumpf, Nadine Mehler das Dienstmädchen Anna als willfähige Befehlsempfängerin, Brandstifter Schmitz (Maurice Kaeber) ist ein ungehobelter Klotz mit den Manieren eines gut geschrubbten Schweins und der Doktor (David Meister) ein blässliches Wesen, dessen Motivation am Brandschatzen nicht wirklich klar wird.
Obwohl die Geschehnisse in der guten Stube gekonnt mit minimalistischen Mitteln wie auf dem Dachboden gezeigt werden und der nach bester griechischer Tragödientradition allwissende Chor vielstimmig vom Band eingespielt wird, will die Theaterfassung, die von Personen und Persönlichkeiten lebt, nicht so richtig in Schwung kommen. Doch über Langeweile klagte bei der umjubelten Premiere keiner. Daran, auf unterhaltsam-betrügerische Weise an der Nase herumgeführt und belogen zu werden, fanden die Gäste - dem Applaus nach zu urteilen - großen Gefallen.
1 Stunde 40 Minuten, eine Pause, weitere Aufführungen: 4. und 5. September, 20 Uhr, Forum Rex, Kipdorf, Telefon 441159.
Regie: 3 von 5 Punkten
Bühne: 3 von 5 Punkten
Ensemble: 3 von 5 Punkten