Brenda Boykin: „Ich gehöre zu Wuppertal“
Die WZ sprach mit der Bluessängerin Brenda Boykin über die Jazzszene der Stadt und über ihre Wahlheimat Wuppertal.
Muss man als Sänger in entsprechender Stimmung sein, um Blue-Notes zu singen?
Brenda Boykin: Nein, der Blues macht mich immer, immer froh. Es gibt ein bestimmtes Gefühl mit Blue-Notes, es ist Anspannung und Entspannung - wunderbar. Es macht mir Spaß, die Auswirkung auf das Publikum zu sehen.
Was hat Sie aus Kalifornien nach Wuppertal verschlagen?
Boykin: Ich hatte in Freiburg ein paar Wuppertaler Jungs bei einer Varieté-Show kennengelernt. Sie sagten, wir machen eine Tournee und fragten "Kommst du?" - "Ja." "Dann kommst du in unsere Gegend." Ich hatte vielleicht vier oder sechs Reisen nach Wuppertal gemacht und ich fand es sehr cool. Außerdem war ich - einfach gesagt - in einer "Middle-Age-Crisis" und sagte mir: Ich möchte etwas total Neues lernen. Und ich habe mit Freunden in Deutschland diskutiert, wo der beste Ort dafür ist. Und sie haben gesagt: "In NRW. Es ist Multikulti, wir haben so viele Einwohner hier." Wuppertal gefällt mir und ich habe eine große Chance wahrgenommen und dann bin ich umgezogen.
Boykin: Mich hat Wuppertal total angezogen. Aber ich hatte auch schon einen Bekanntenkreis und habe neue Musikerkollegen kennengelernt. Die sagten immer: "Hey, wenn du hierher ziehst, dann ruf uns an." Ich wusste, mich erwartet eine freundschaftliche Atmosphäre im Tal. Ich war sofort adoptiert und adaptiert vom Musikerkreis.
Boykin: Ich sage, dass wir überall in Wuppertal eine tiefe Kunst- und Musikkultur haben. Ich bin manchmal erstaunt vom Von der Heydt-Museum bis zu Pina Bausch, der Freejazz-Szene, Jan Kazda und vielen anderen interessante Künstlern. Und was ich so an ihnen liebe ist, dass sie niemanden imitieren. Sie finden ihren eigenen Stil, so dass es meiner Meinung nach einen sehr hohen Standard in Wuppertal gibt.
Boykin: Ich habe soviel Gutes gesehen. Ich liebe natürlich unseren Wuppertaler Hendrik Freischlader. Es gibt eine Free-Jazz-Truppe, die heißt Partita Radicale. Ich kannte nichts vom Free-Jazz als ich ihr Konzert besuchte. Und sie haben soviel getan, dass die Leute, die keine echten Free-Jazz-Fans sind, viel lernen konnten.
Finden Sie, dass die Stadt die Wuppertaler Szene genug unterstützt oder sind die Jazzer sich selbst überlassen und müssen sich durchboxen?
Boykin: Ich denke nur, dass Wuppertal allgemein mehr Aktivitäten für junge Leute haben sollte. Ich, als eine Person in meinem Alter, ich habe viel zu tun und bin auch ständig unterwegs. Aber wäre ich im Alter von 21 bis 28 Jahren, dann wäre hier für mich zu wenig los. Es könnte in Wuppertal besser sein. Unter den Künstlern hat Wuppertal einen guten Ruf. Und das spricht sich herum, schließlich ist die Jazzszene in Deutschland gar nicht so groß, wie ich finde.
Boykin: Es war wie - hey, ich bin in meinem Wohnzimmer oder einem Kaffeehaus unter meinen Leuten (lacht). Es war so freundlich. Das Publikum hat uns als Wuppertaler adoptiert. Ich sage jetzt: Ich bin Wuppertalerin.
Boykin: Immer noch als Amerikanerin. Ein Amerikaner ist immer noch ein Amerikaner. "Expectator" sagen wir, wir sind nie die Immigranten, sondern Expectator, wir haben also eine bewusste Wahl getroffen, etwas Neues zu lernen. Kann einer, der von außen kommt, in Deutschland wirklich sagen: Ich bin Deutsch? - Nein, das kann er nie. Aber man gehört eines Tages dazu, und ich sage sehr stolz: Ich gehöre jetzt zu Wuppertal. Aber meine Heimatstadt ist immer in meinem Herzen. Und ich bin waschechte Kalifornierin. Ich spüre immer den Einfluss meiner kalifornischen Kultur. Aber jetzt langsam, langsam geht mir Wuppertal unter die Haut. Wenn die Leute mich fragen: Woher kommst du? Meinen sie wohl: Aus welchem Land kommst du? Aber ich antworte: Ich komme aus Wuppertal. (lacht)
Boykin: Ich war an der Universität und da gab es eine kleine Jazzgemeinde für die Studenten. Es war nur eine Aktivität, also ohne Benotung. Aber die Gesellschaft war so gut, ich habe viel gelernt. Wir hatten eine Kneipe an der Uni und meine Lehrerin, die Direktorin, hat zur mir gesagt: "Hey, du machst einen Auftritt." Ja, und dann habe ich das gemacht, hatte eine kleine Probe. Und ich dachte (schnipst in die Hand): Ja, das ist mein Ding. An der Uni habe ich kaum studiert, ich war immer im Proberaum.
Boykin: Ich finde es so wichtig, dass ein Sänger ein Chorinstrument spielt. Dabei sind keine großen Fähigkeiten nötig. Wenn man die Akkorde hört, kann man besser improvisieren und besser reagieren, anstatt das Lied nur von einer Platte zu hören. Ich kenne junge Damen und junge Mädchen, die sehr gute Stimmen haben und die Christina Aguilera gut imitieren. Zum Üben reicht ein billiges Keyboard oder eine Gitarre; es ist nicht nötig, dass es teuer ist. Man entwickelt die Ohren, man kann improvisieren und die Intonation wird sofort besser, so dass man nicht nur ein Sänger ist, sondern ein Musiker.