„Bruce Nauman macht uns mit seiner Kunst nichts vor“
Tony Cragg zeigt in seinem Skulpturenpark Arbeiten des künstlerischen Weltstars zum Thema Hände.
Wuppertal. Früher waren die Winter im Skulpturenpark eine ruhige Zeit. Das ist vorbei. Mit Arbeiten des Ausnahmekünstlers Bruce Nauman trumpft Tony Cragg ab heute in der Villa Waldfrieden und in der oberen Ausstellungshalle auf.
Der 73-jährige US-Amerikaner ist einer der wichtigsten Bildhauer der Gegenwart. Die Ausstellung mit Skulpturen und Video-Installationen zeigt ausdrucksstark, wie Naumans Werk über fast 50 Jahre trägt. Auch Jean-Hubert Martin, ein Direktor des Pariser Louvre, ist angereist und zeigte sich gestern angetan: „Die Ausstellung ist nicht sehr groß, aber sehr schön.“
„Es war eine ehrgeizige, eine übergroße Idee, ,einfach’ eine Ausstellung mit Bruce Nauman zu machen“, sagt Cragg. Mit Unterstützung der Konrad Fischer Galerie aus Düsseldorf, die Nauman europaweit vertritt, ist das aber fabelhaft gelungen.
Als Cragg Naumans Arbeiten 1969 kennenlernte, war er fasziniert: „Ein radikaler Schnitt in der Kunstgeschichte — es sah gar nicht aus wie Kunst.“ Nauman wolle nichts Erfundenes darstellen. „Mit seiner Kunst macht er uns nichts vor, sondern zeigt uns die reale Welt.“ Naumans Arbeitsmaterial ist der Körper, meist sein eigener; Hauptthema der Ausstellung sind seine Hände. Als Bronzeabgüsse schweben sie übereinander in der Halle. In einer Video-Installation von 2011 gibt er Finger-Bewegungen vor, die vier Sprecher synchron benennen: „Ringfinger rechts, Zeigefinger links, . . .“
Die einfache Anordnung sorgt für vielfache Verunsicherung: Besucher können nicht erkennen, woher die Stimmen kommen, weil die vier Lautsprecher (fast) unsichtbar in den Wänden eingelassen sind. Wenn man um die Projektion herumgeht, sieht man die Hände seitenverkehrt — dann stimmt das Bezugssystem mit rechts und links natürlich nicht mehr.
„Es stört mich nicht, wenn meine Kunst hier und da einmal schön oder lustig ist“, hat Nauman in einem Interview gesagt. Er präsentiert seine Arbeiten nicht in ausgefeilter Ästethik. Seine Energie verwendet er darauf, „belangloses Zeug“ (Cragg) zu transportieren — auf dass man einen neuen Blick aufs Alltägliche bekommt.