„Chatroom“ im Theater: Das Internet lässt grüßen

Das Kinder-undJugendtheater möchte Jugendlichen ein Live-Erlebnis bescheren und warnt vor dem Rückzug in die virtuelle Welt.

Wuppertal. Auch ein "junges" Theater wird älter. An der Margaretenstraße ist das kein Grund, um zur Anti-Falten-Creme zu greifen. Im Gegenteil: Das Kinder- und Jugendtheater wird 40 und hat äußere Verschleierungstaktiken gar nicht nötig. Das Ensemble erneuert sich lieber regelmäßig von innen: Junge Darsteller wachsen nicht nur nach, sie strecken sich sogar mit zunehmender Begeisterung in Richtung Rampenlicht.

"In diesem Jahr konnten wir bei unserem Lampenfieber-Projekt zum ersten Mal nicht alle Bewerbungen berücksichtigen", freut sich Theater-Leiterin Barbara Sydow. Mehr Bewerber als Plätze hatte das Projekt, das im Juni viel Applaus bekam: Am Ende stand "Das große Shakespeare-Abenteuer" - die Aufführung im Berufskolleg Elberfeld scheint Katja Büchmann beflügelt zu haben.

Die Kursleiterin setzt nämlich nach und führt erneut Regie: "Chatroom" heißt die Produktion, für die sich morgen um 19Uhr der Vorhang hebt. Anders als bei Shakespeare, der Zuschauer ab zehn Jahren begeisterte, nimmt Büchmann diesmal Jugendliche ab 14 Jahren ins Visier.

Aus gutem Grund, wie Sydow weiß: "Unsere Kerngruppe, die Sechs- bis Zwölfjährigen, erreichen wir sehr gut. Kinder in diesem Alter kann man gut fürs Theater begeistern. Sie sitzen mit großen Augen im Saal."

Teenager sind da schon schwierigere Kunden. "Das ist eine Altersgruppe, die lieber ins Kino geht", sagt Sydow. "Da muss man schon mehr tun." Vor allem ein passendes Thema suchen. Sydow hofft, mit "Chatroom" den richtigen Stoff gefunden zu haben. "Das Thema steht für die Generation, die wir auch erreichen wollen: Es geht um Jugendliche, für die es selbstverständlich geworden ist, immer online zu sein." Das hat Konsequenzen - nicht nur auf der Bühne. "Das Stück zeigt, wie das Leben zwischen virtueller und realer Welt verwischt."

Mit anderen Worten: Wer ein reales Erlebnis haben möchte, sollte morgen nicht vor dem PC sitzen und in der weiten Welt des Internets abtauchen, sondern Kurs auf das Berufskolleg Elberfeld nehmen und sich "Chatroom" ansehen.

"Das Schöne am Kinder- und Jugendtheater ist, dass die Jugendlichen die Charaktere sehr glaubwürdig darstellen können", erklärt Sydow mit Blick auf das Alter der sechs Darsteller: Seit dem Frühjahr bereiten sich die 14- bis 19-Jährigen auf die Spielzeiteröffnung vor.

Dabei wachsen die neuen Schauspieler nicht nur nach, sondern vor allem auch an ihren Aufgaben. Denn ein Auftritt im Kinder- und Jugendtheater ist alles andere als ein Kinderspiel, wie Sydow betont: "Man braucht nicht nur Talent, sondern auch viel Disziplin - und die Bereitschaft, an sich arbeiten zu wollen."

All das können Schauspieler und solche, die es werden können, in der Theaterschule beweisen. Dort können schon Vierjährige Theater machen - sie sind die Jüngsten. Zu den "Bühnen-Senioren" zählen Abiturienten. Die Kurse sind nicht nur ein wichtiges finanzielles Standbein, sondern auch eine Möglichkeit, um geeigneten Nachwuchs fürs eigene Ensemble zu finden.

Der 40. Geburtstag im kommenden Jahr kann also beruhigt gefeiert werden: Eine Midlife-Crisis ist schon deshalb nicht in Sicht, weil es immer wieder "frisches Blut" gibt.