Das kurze Glücksspiel im Schauspielhaus
Martin Kloepfer inszeniert „Die Lotterie in Babylon“. Die Produktion feiert am Samstag Uraufführung an der Kluse.
Wuppertal. Das ganze Leben ist kein Quiz (wie Komiker Hape Kerkeling einst postulierte), es ist wohl eher ein Glücksspiel - zumindest behauptet das Martin Kloepfer. "Das Schicksal ist ein wesentlicher Teil des Lebens", sagt der Spielleiter, der deshalb "Die Lotterie in Babylon" in Gang setzt. Ob er mit der Stoffwahl das große Los gezogen hat, zeigt sich am Samstag, wenn seine Theaterproduktion Uraufführung feiert.
Das Schicksal hat den gebürtigen Essener nach Elberfeld geführt: Kloepfer inszeniert erstmals im Tal - und fing dabei "bei Null an", wie er keinesfalls seufzend, sondern freudig betont. Schließlich ist eine Uraufführung eine ganz besondere Herausforderung - vor allem, wenn es sich um die Adaption einer Kurzgeschichte handelt, die keine Handlung im konventionellen Sinn hat.
"Es gibt keinen greifbaren Plot, es ist eher ein Sachtext", betonen Martin Kloepfer (Regie) und Oliver Held (Dramaturgie) in trauter Übereinstimmung. Das ist aber auch schon fast alles, was das Duo faktisch verrät. Auf den Rest darf man gespannt sein. Denn wenn man Kloepfer und Held nach dem Kern des Stücks fragt, diskutieren die beiden wild durcheinander. So viel darf daher jetzt schon sicher sein: Die neueste Produktion der Wuppertaler Bühnen hat szenisch-experimentellen Charakter. Passenderweise soll auch das Bühnenbild nur fragmentarisch Akzente setzen.
"Ich habe hier den Begriff der Türschwellen-Regie erfunden", meint Kloepfer und lacht. Was das konkret bedeutet? "Man kommt zur Probe, geht über die Schwelle, hat ein tolles Ensemble und sieht, was passiert." Kloepfer kommt das alles andere als ungelegen, denn auch wenn er schon große Klassiker auf die Bühne gebracht hat, bedeutet ihm die Arbeit im Kleinen Schauspielhaus mehr: "Mir liegen essayistische Arbeiten. Da kann man voraussetzungslos herangehen. Bei Klassikern ist man stärker mit Erwartungshaltungen konfrontiert."
Apropos: Das Publikum darf erwarten, dass Lutz Wessel einen Geschichtenerzähler spielt, der in finanzielle Nöten gerät. Kloepfer hat dies als Seitenhieb auf die aktuelle Spardiskussion eingebaut: "Es geht um ideelle Werte." Also auch um die Frage: Wie viel ist Menschen ihre Kultur wert? Dabei gibt es keine vorgefertigten Antworten. Denn Kloepfer, der noch nie an einer Lotterie teilgenommen hat, sieht es so: "Wenn man keine Fragen mehr hat, ist man tot." In diesem Sinne hofft er auf quicklebendige Zuschauer.