Die Kurrende sieht weiß
Musikalisch war ihr Konzert ein Genuss, optisch ein Kontrast: Wuppertaler sangen in schwarzer, Niederländer in heller Kleidung.
Wuppertal. Renommierte Knabenchöre sind regelmäßig bei der Wuppertaler Kurrende zu Gast. Das eigene Profil herauszustellen und mit der Kurrende zu singen, war am Samstag der Kampen Boys Choir in der voll besetzten Lutherkirche angetreten.
Der niederländische Knabenchor hat sich unter der engagierten Leitung von Bouwe Dijkstra und dem subtil gewichtenden Orgelspiel von Eeuwe de Jong ganz der englischen Kathedralchor-Tradition verschrieben. So treten die Jungen und Männer in langen roten Togen mit weißem Chorrock auf. Die jüngeren ziert zudem eine steife weiße Halskrause, die eine aufrechte Kopf- und Singhaltung durchaus begünstigt. Durchweg englische Chorliteratur präsentieren die Sänger im Feinschliff. Von der frühen Musik von William Byrd und Henry Purcell bis zur neueren Chormusik von Benjamin Britten - immer überzeugt der Knabenchor mit dichtem Klang und stimmiger Artikulation.
"Come, ye sons of art", die Huldigungs-Ode für den Geburtstag von Queen Mary schrieb Purcell 1694. Auch die Solorollen in Countertenor-Lage übernehmen die jungen Männer des Chores. Hierauf legt der Chor sein Augenmerk: Die Phase des Stimmwechsels der Knaben ("Changing voices") besonders vorsichtig zu begleiten, so dass die Stimmen zum Teil über enorme Umfänge verfügen.
Von der Sopran- und Altlage, mit reiner Kopfstimme gesungen, bis zum Bass reicht die Beweglichkeit. Das entspricht der authentischen Aufführungspraxis aus der Zeit, als in der Kirche und auf der Bühne keine Frauenstimmen erlaubt waren. Aber auch der Deklamationsstil zweier alternierender Chorgruppen, etwa Edward C. Bairstows "Lamentation", liegt dem Chor, der mit fein schwingenden Schlüssen und kontrastreicher Dynamik glänzt.
Die Wuppertaler Kurrende präsentiert drei umfassende Chorwerke. In Zoltán Kodálys "Jesus und die Krämer" (1934) bewältigen sie die komplexe Harmonik, ungewohnte Taktwechsel und die in extreme Höhen führenden Linien unter Martin Lehmanns Dirigat präzise. Ein besonderes Erlebnis ist die Motette "Warning to the rich" des Schweden Thomas Jennefelt von 1977, die neue Wege im Chorgesang weist: Über gesummtem Grund wird in freier Tonalität vom hartherzigen Reichen beschwörend geflüstert, gesprochen und geschrieen.
Das von beiden Chören gemeinsam gesungene, durch den ganzen Kirchenraum schwebende 20-stimmige "Immortal Bach" von Knut Nystedt beschließt das bemerkenswerte Chorkonzert.