Nackt im Museum: Die sieben Kapitel der „Nude Visions“
Das gab’s noch nie im Von der Heydt-Museum: hüllenlose Menschheitsbilder
Wuppertal. Als "Reise durch die Kollektion von Körperbildern" beschrieb Ulrich Pohlmann die Ausstellung "Nude Visions". 150 Jahre Körperbilder in Fotografie und Malerei fördern nicht bloß die Lust am Gucken und den Voyeurismus. "Es ist eine Auseinandersetzung mit Menschheitsbildern, ebenso wie in der Malerei oder Bildhauerei."
Als Sammlungsleiter der Fotoabteilung im Münchner Stadtmuseum muss es der Mann bestens wissen. Schließlich ist die Schau, die Sonntagvormittag mit einer bestens besuchten Vernissage im Von der Heydt-Museum feierlich eröffnet wurde, maßgeblich mit Exponaten seines Hauses bestückt.
Die Zusammenarbeit zwischen Von der Heydt-Museum und Münchner Stadtmuseum hatte sich bereits für "Abenteuer Barbizon - Landschaft, Malerei und Fotografie von Corot bis Monet" 2007 bewährt, war für die nackten Tatsachen der Aktfotografie ebenso erfolgreich und soll fortgesetzt werden, wie Von-der-Heydt-Chef Gerhard Finckh sagte.
Zunächst aber lauschten die Gäste der bemerkenswerten Einführung Ulrich Pohlmanns, der allerlei Wissenwertes über die "Kulturgeschichte eines Phänomens", von den Anfängen bis zur Gegenwart der Aktfotografie erzählte und damit ein facettenreiches Panorama schuf. War es früher vielleicht anrüchig bis skandalös, sich dem Thema zu widmen, haben sich inzwischen die Bildwelten des unbekleideten Körpers massiv verändert - und auch deren Verbreitung. Man denke diesbezüglich nur ans Internet. Nacktheit ist nicht bloß ein Zeichen von Freiheit, betrachtet man Bilder der Gefangenen von Abu Ghuraib, symbolisieren sie Erniedrigung.
Modekampagnen erregen Anstoß, aber auch subjektive Selbstentblößung in literarischen Formaten von Autoren wie Michelle Houellebecq oder Charlotte Roche gehören mit zu dem, was auch als "Tyrannei der Nacktheit" bezeichnet wird.
Auf diese Gratwanderung zwischen Aufklärung und Schaulust, die "Nude Visions" mit lasziv-wollüstigen Bildern oder solchen, bei denen mit einem sphärischen Weichzeichner der Körper wie ein kostbarer Schatz erscheinen, zeigt, wies Ulrich Pohlmann hin.
Und die Zuhörer drängte es nach dem Schlussapplaus gar nicht schnell genug von den Stühlen, um die in sieben Kapitel aufgeteilte Ausstellung endlich selbst zu erkunden.