Requisite Von der fast unbemerkten Liebe zum Theater

Christian Beckers leitet die Requisite von Schauspiel und Oper Wuppertal. Ein überaus vielfältiger Traumberuf zwischen Regie, Schauspielern und Publikum.

Christian Beckers ist Requisiteur. Foto: Anna Schwartz

Foto: Schwartz, Anna (as)

Christian Beckers ist gelernter Tischler. Aber der Beruf war und ist ihm nicht kreativ genug, weshalb er das Gestaltungsabitur machte. Auf eine Anzeige der Bühnen kam er vor 26 Jahren nach Wuppertal, zunächst ans Schauspielhaus an der Kluse, später dann, nach dessen Schließung, an die Oper. Hier „herrscht“ er heute mit drei Mitarbeitern über eine Werkstatt, ein Büro und mehrere, gut sortierte Lager – im Haus und an der Uellendahler Straße. Seine Aufgabe: „Alles beschaffen, was der Schauspieler in die Hand nehmen kann.“ Jürgen Beckers ist Leiter der Requisite der Wuppertaler Bühnen.

Im Computer des Arbeitsamts entdeckte der gebürtige Velberter 1992 eine Anzeige der Wuppertaler Bühnen, die einen Möbeltischler suchten. „Ich dachte, die bauen Barockmöbel und andere tolle Sachen“, erinnert sich der heute 50-Jährige. Er bewarb sich und landete in der Bühnentechnik. Nach einem Jahr in der „spannenden Theaterwelt“ war er auf dem Absprung, blieb aber, weil zeitgleich eine Stelle in der Requisite frei wurde. Ein Glücksfall: Beckers fand seinen „Traumberuf“, und die Bühnen behielten einen guten Mitarbeiter.

Am meisten reizen die ausgefallenen Aufgaben, die im Gespräch mit Bühnenbildnern und Regieteam entstehen. Beckers: „Wir nehmen alle Wünsche ernst, überlegen dann, ob sie im Kostenrahmen realisierbar sind.“ Wenn im „Zerbrochenen Krug“ der Spielzeughund von Eva sich nicht nur bewegen, sondern ebenso anfühlen muss wie das 20-jährige Batteriehündchen, das während der Proben seinen Geist aufgab, dann ist das Requisitenteam gefordert. Sucht einen neuen Hightech-Hund, dem es das Fell des alten überzieht. Lässt einen Krug zu Boden fallen, ohne dass er kaputt geht, indem es ihn aus Schaumstoff mit Sollbruchstelle drechselt. Ein Teil, das so gut ist, dass es in Serie geht und am Ende des Stücks in Reih und Glied auf dem Brunnenrand Platz findet.

Funkenblitze und Feuer begleiten das Geschehen auf der Bühne

Der Zuschauer kennt vor allem die Spezialeffekte, Funkenblitze und Feuerchen, die das Geschehen auf der Bühne begleiten. Für die hat Beckers die Qualifikation als Pyrotechniker erworben. Eine vor allem verantwortungsvolle Arbeit, da weder Darsteller noch Zuschauer gefährdet werden dürfen, die ihn aber weniger begeistert: „Ich bin kein Pyromane.“

Oft bleiben Arbeit und Aufwand verborgen. Wie damals, als bei einer Salomé-Aufführung in einem großen Trichter ein wimmelndes Schlangennest untergebracht werden sollte und nach vielen Überlegungen und Experimenten sich eine Schlange mit Hilfe von Magneten über die Bühne schob, während hinter dem Trichter Beckers und seine Mitarbeiterin Jennifer Günther das Geschehen beobachteten und steuerten. Oder das Ei, das „feinbröselig“ in der Hand der Opernsängerin kaputtgehen musste, wofür zahlreiche Eier ausgeblasen, mit Couscous gefüllt und getestet wurden.

Früher fuhr Beckers durch die Stadt, klapperte Trödelmärkte ab, heute bestellt er im Internet. Das ist zwar einfacher, dafür sind die Dinge teurer geworden: „Leider wissen die Leute heute, was die Dinge wert sind.“ Werden hunderte Luftballons gebraucht, entstanden früher Engpässe im Kaufhaus, heute sind die weißen Ballons, die in „Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm“ zum Einsatz kommen, nur einen Klick entfernt.

Die Liste der nötigen Eigenschaften eines Requisiteurs ist lang. Er muss kreativ sein, Organisationstalent mitbringen, ein ruhiges Gemüt haben, zugleich wachsam sein und schnell reagieren. Wichtig sind genaue Absprachen aller Beteiligten und das Gespür für Darsteller, die es zu unterstützen gilt. Wenn dann nach Vorgesprächen, Arbeiten, Proben und Aufführung alles klappt und der kurze atemlose Moment zwischen Vorhang und Applaus kommt, spürt Beckers deutlich seine „Liebe zum Theater“.