„Die Vorgaben der Museen sind kaum noch zu erfüllen“
Gerhard Finckh (64) schaut zurück auf zehn Jahre als Direktor des Von der Heydt-Museums — und blickt nach vorn, weil sein Vertrag bis 2019 verlängert wurde.
Wuppertal. Herr Finckh, was hat Sie am meisten überrascht, als Sie vor zehn Jahren nach Wuppertal gekommen sind?
Gerhard Finckh: Wie sehr die Bürger an diesem Museum hängen und es unterstützen. Das kannte ich bis dahin so nicht. In Emden war das Museum in Privatbesitz. In Essen gab es eine andere Bürgergesellschaft - das Folkwang-Museum wird unterstützt von Großkonzernen, deren Chefs sich mal mehr und mal weniger engagieren. Das Museum Morsbroich in Leverkusen ist rein städtisch, da musste man den Förderverein erst aufbauen. Hier dagegen traf ich auf einen Kunst- und Museumsverein (KMV), der etwas bewegen will.
Waren die Wuppertaler gleich von Ihrem Konzept begeistert?
Finckh: Nein, es hat schon ein gutes Jahr gedauert, bis die Menschen überzeugt waren. Es war ja auch ein großer Einschnitt in der Geschichte des Museums. Wir haben die permanente Sammlung einfach weggeräumt, die seit fünf Jahren unverändert hing — das hat nicht jedem gefallen. Die Sammlung ist mir wichtig, wegen ihr bin ich ja auch hergekommen. Aber sie allein kann nicht genug Publikum ins Haus ziehen. Wenn man aber große, eigene Wechselausstellungen macht, ist das auch finanziell ein Paradigmenwechsel - dafür braucht man mehr Geld.
Woher nehmen Sie es?
Finckh: Wir haben die gemeinnützige GmbH gegründet — das war ein Geniestreich von Joachim Schmidt-Hermesdorf, dem Vorstandsvorsitzenden des KMV. Diese segensreiche Struktur mit der Brennscheidt- und der Jackstädt-Stiftung als Partner finden Sie nirgendwo anders. Das Modell erlaubt uns die Anschubfinanzierung der großen Ausstellungen. Es bleibt dann zwar immer noch ein Risiko, ob die Einnahmen den größeren Teil der Kosten decken. Bisher hat das aber immer funktioniert.
Wie sehen Sie die Rolle der Stadt?
Finckh: Es ist natürlich schwierig für eine Stadt, die so pleite ist, die Kultur aufrecht zu erhalten. Die Stadt hat sich immer weiter aus dem Museum zurückgezogen. Wir hatten mal 30 Vollzeitstellen und sind jetzt auf 19,09 Stellen runtergeschmolzen. Das ist deutlich spürbar. Ich wünschte, die Stadt hätte mehr Möglichkeiten, sich zu engagieren - auch in der Infrastruktur wie Computer, Kopierer und Klimaanlagen für die Büros.
Ihr Vertrag wurde jetzt bis 2019 verlängert. Welche Ausstellungen haben Sie schon im Kopf?
Finckh: Manet im Herbst 2017 wird das nächste ganz große Projekt. Wir haben schon Zusagen für Leihgaben aus Australien, Japan, Südamerika, Nordamerika - und aus Europa sowieso. Die Schwierigkeit bei Edouard Manet ist aber, dass er überhaupt nur 400 Bilder gemalt hat; Monet beispielsweise rund 2000.
Wie schwierig ist es, bekannte Bilder zu bekommen?
Finckh: Es wird immer schwerer, die wichtigen Stücke auszuleihen. Da braucht man einiges an Überredungskunst. Die Vorgaben der Museen kann man kaum noch erfüllen. Früher durften Papierarbeiten 50 Lux Licht bekommen, jetzt sind es oft nur noch 35 — demnächst zeigen wir sie wohl bei Kerzenschein. Für die Gemälde werden die Anforderungen ans Raumklima immer differenzierter. Man darf nicht vergessen: Auch die Bilder der Impressionisten und ihrer Vorläufer sind mittlerweile 130, 140 oder 150 Jahre alt. Sie verlieren an Spann- und Farbkraft, trocknen aus. Die Museen trennen sich daher nur noch ungern von ihren Meisterwerken.
Welche Ausstellungen planen Sie noch?
Finckh: Im Frühjahr 2017 widmen wir uns Adolf Erbslöh. Er ist uns wichtig, weil er zwar in New York geboren wurde, seine Kindheit aber in Barmen verbracht hat und später zur zentralen Figur des Blauen Reiters in München wurde. Zeitgleich wollen wir auch wieder die Sammlung präsentieren, die jetzt lange in den Depots lagerte. Im Frühjahr 2018 zeigen wir den revolutionären Maler Jankel Adler, ein guter Freund von Else Lasker-Schüler. Im Herbst 2018 geht es ums Rokoko. Diese feine, elegante Malerei des 18. Jahrhunderts hat mich immer schon gereizt. Das ist wahrscheinlich nicht verwunderlich, wenn man wie ich aus Bayern kommt und gern nach Frankreich fährt.
Wenn Ihnen der Kunst- und Museumsverein zum Abschied ein Bild schenken wollte (was natürlich ausgeschlossen ist): Welches hätten Sie denn gern?
Finckh: Ach, bis dahin ist es ja noch ein Weilchen . . .