Kultur Eine etwas andere Freundschaft
Stößels Komödie zeigt aktuell „Ein Mann mehr ist noch zu wenig“.
„Vielleicht klappt die Pumps-Nummer bei dir ja auch!“ Nicht ganz alltäglich, dass eine Frau das zu einem Mann sagt. Aber Bobby ist schwul, Carmen mit ihrem Erfolgstipp ist nicht nur ständig auf Männerfang, sondern auch seine Mitbewohnerin und beste Freundin. Und so ist „Ein Mann mehr ist noch zu wenig“, aktuell im Programm in Stößels Komödie, ein turbulenter Spaß, aber auch die Geschichte einer Symbiose, einer etwas anderen Freundschaft. Wäre sie nicht so frech, sogar rührend.
Die Männer umschwirren die hübsche Carmen (Michèle Connah) wie Fliegen das Licht. Da sie voneinander nicht wissen dürfen, setzt sie auf zwei Waffen und fährt bisher gut damit: Ihr Smartphone, um die Schäferstündchen zu timen und die Betthelden schön säuberlich getrennt zu halten. Zweite Waffe: Bobby. Mal wieder eine Paraderolle für Kristof Stößel, Chef des Privattheaters am Karlsplatz, der das Stück schon in Hannover gespielt hat.
Bobby fallen beim Fitnesstrainer fast die Augen aus dem Kopf
So clever wie liebenswert unterstützt Bobby die Eskapaden der umtriebigen Carmen, mit der er zwar Tisch, aber nicht Bett teilt. Die gibt Connah mit kessem Charme (und erinnert dabei ziemlich an Comedienne Lisa Feller). Ein wenig anders wird die Lage angesichts ihres neuesten Schwarms, und das mit dem „Angesicht“ ist fast wörtlich zu nehmen: Bobby ist nämlich selbst auf der Suche, und bei der ersten Begegnung mit dem heißen Fitnesstrainer Jordan (Jan Philip Keller) fallen ihm fast die Augen aus dem Kopf.
Man ahnt schon: Carmens Spiel fliegt auf. Jordan wird zwei Rivalen treffen, Mats, den schrägen Dänen, und Lino, den italienischen „Freskenmaler“. Benjamin Krüger gibt den skandinavischen Helden witzig, als Schönling der peinlichen Art und mit schön schrecklichem Lachen. Dirk Stasikowskis knurriger Südländer bezieht seine Komik vor allem daraus, dass er bei aller Coolness ein übles – und für Übelkeit sorgendes – Verdauungsproblem hat. Der Geburtstag der Umschwärmten bedeutet nun mal erhöhte Gefahr, dass sie alle auf der Matte stehen – trotz Smartphone. Und trotz Bobby.
Der legt sich treu ins Zeug: In einer für viel Gelächter sorgenden Szene wirft er sich akrobatisch nicht nur vor eine, sondern zeitgleich gar vor drei Türen, um ein Aufeinandertreffen zu verhindern. Doch letztlich hilft es nichts: „Schätzchen“, sagt er nach der Pause zu Carmen, „irgendwann musste das ja passieren.“ Ein Gutteil der zweiten Hälfte spielt dann nachts – und am Ende stehen, liegen, turteln zwei neue Paare. Denn da ist ja auch noch Carmens beste Freundin Simone, von Sabine Reinhardt lustig angelegt zwischen bieder und überraschend liebestoll. Stichwort „Dänen sind schnell...“ Und was genau ist mit Bobby? Wird hier nicht verraten.
Fühlt es sich am Karlsplatz nicht fast an wie eine Familie? Ein Stück wie dieses erfindet das Rad natürlich nicht neu. Doch wer das Haus mag, muss sich an mäßiger Originalität nicht wirklich stören. Ebenso wenig wie an ein paar Unwahrscheinlichkeiten in der Handlung. Jeder verzeiht hier auch mal einen seltenen Versprecher, nein: Im Grunde goutiert man sogar, wenn er mit Witz überspielt und so offensiv eingebaut wird. Und wenn Lino ahnungslos, aber physisch unleugbar wenige Meter entfernt im Bühnenbett mit der falschen Frau liegt, ist das auf die kurze Distanz im kleinen Theatersaal noch ein gutes Stück witziger. Perfektion gibt‘s woanders, und das reicht auch. Fans hat Stößels Theater jedenfalls, aber es dürfen noch mehr werden: Der Förderverein, hört man am Schluss, ist noch nicht am Ziel, und ein Spendenschwein wartet.
Nächste Aufführung: Samstag, 2. November, 20 Uhr, und Sonntag, 3. November, 18 Uhr.