Eine gefühlvolle Winterreise: Thomas Laske und die Liebe
Der Sänger begeisterte zusammen mit Pianistin Verena Louis.
Wuppertal. Der Liederabend — eine antiquierte Konzertform? Eine im Parkett voll besetzte Immanuelskirche sprach am Sonntagabend eine andere Sprache. Natürlich lockten die Namen: Bariton Thomas Laske (Wuppertaler Bühnen) und Pianistin Verena Louis als versierte Liedbegleiterin. Vor allem aber lockte Franz Schuberts Zyklus „Die Winterreise“ aus seiner letzten Schaffenszeit.
Denn die 24 Lieder, die von romantischer Lebensverzweiflung singen, haben noch immer die Kraft, ihre Zuhörer zu bannen. Zumal, wenn sie von so hochkarätigen Interpreten geboten werden. Thomas Laske singt trotz gerade überstandener Erkältung ausgesprochen tonschön und gestaltet fein differenzierend.
Seine makellose Diktion erspart die Textblätter: Jedes Wort ist zu verstehen. Er arbeitet mit organischen Entwicklungen oder lässt Stimme und Stimmung abrupt umschlagen — vom melodischen Erzählen von Liebe und Seligkeit im „Frühlingstraum“ zum jähen und rauen Erwachen. Weiche Klangzeichnung wechselt mit expressivem Ausdruck.
Dem folgt Verena Louis in ihrer Klavierstimme perfekt: Anmutig gestaltet sie die lichte und fließende Dur-Melodie, bevor Dissonanzen scharf und unbarmherzig einbrechen.
In Moll schließt die traurige Klage: Die Blumen sind zu Eisblumen geworden, die Liebe ist entschwunden. Nicht nur von vergangener Liebe erzählt der Zyklus nach Texten von Wilhelm Müller: Einen ganzen Lebensweg durchschreitet der Wanderer — bis hin zum Abschiednehmen vom Leben, geleitet von romantischer Todessehnsucht.
Selten sind die positiv gestimmten Lieder — das bekannte vom Lindenbaum etwa, das längst Volksgut geworden ist und in dem Ruhe und Geborgenheit aufklingen. Aber auch hierbei brechen „kalte Winde“ in die heimelige Melodie ein. Von gefrorenen Tränen, von im Schnee erstarrten Spuren und Irrlichtern, die den Leiden den Weg ins Grab zeigen, künden die Lieder in einheitlich-düsterer Stimmung. Und zuletzt spielt der frierende Leiermann kreisend seine ewig-gleiche Klavier-Phrase, und der Sänger ahnt: Hier ruft der Tod. Für die bis ins Kleinste stimmige und bewegende Interpretation der Winterreise gab es langen und im Stehen gespendeten Applaus.