Einen Film aus Träumen gemacht
René Jeuckens und Grischa Windus haben mit Behinderten einen abendfüllenden und sehr poetischen Kinofilm über Inklusion gedreht.
Wuppertal. Es gibt eine Menge Filme über behinderte Menschen, auch mit behinderten Menschen. Aber sind das Filme, in denen sich Behinderte auch wiederfinden? „Wir wollten nicht das übliche Feigenblatt: Ein Behinderter wirkt mit, und schon gilt etwas als Inklusionsprojekt“, sagen René Jeuckens und Grischa Windus.
Mit ihrer Filmproduktion Siegersbusch stehen sie seit 22 Jahren für Projekte, die „ein bisschen schräger und komplizierter“ sind. Eine Menge Schauspielhäuser lassen Programmfilme von ihnen drehen. Ihr Film über den Free Jazzer „Brötzmann“ ist mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet worden und hat beim Berliner Festival für Musikdokumentationen (In-Edit) gewonnen.
Nun haben die Filmemacher mit dem Regisseur Peter Wallgram und in Koproduktion mit der "Light Bridge Production" aus Potsdam Babelsberg einen abendfüllenden Kinofilm über Inklusion gedreht: „Das Leben ein Traum“. Gründlich haben sie sich mit dem Thema und seiner Umsetzung befasst: Ziel sei ja nicht ein kommerzieller Erfolg, vielmehr sei es wichtig, dass überhaupt mal solch ein Film auf den Markt komme.
„Über sechs Monate haben wir jede Woche mit Schauspielern der Akademie der inklusiven Künste und anderen über ihre Träume gesprochen“, sagt René Jeuckens. „Viele Träume waren erstaunlich ähnlich — zum Beispiel, dass sich Türen zu einer anderen Wirklichkeit öffnen.“ Die Filmleute haben mit den 14 Mitwirkenden eine Handlung entwickelt, die die Behinderung weder ignoriert noch betont, sondern dazu eine eigenständige Kunstform finden soll.
„Wenn man mit Behinderten nicht dokumentarisch arbeitet, sondern einen fiktionalen Stoff dreht, kommt man mit normalen Formaten nicht weiter“, so Jeuckens. Vordergründig geht es hier um eine Gruppe von Menschen, die zusammen leben und ein Theaterstück auf die Bühne bringen möchten. Manche Bewohner lassen sich aber aus dem Haus locken und wollen weggehen, was zu Konflikten führt.
Tatsächlich spielt sich das Geschehen in einer surrealen Atmosphäre ab. Zu hochästhetischen Bildern und Musik, die teilweise eigens produziert wurde und sonst aus den 20er und 30er Jahren stammt, entzieht sich die Handlung der üblichen stringenten Logik. Alles bleibt in einer träumerischen Schwebe. Gesprochen wird kaum. „Man muss sich darauf einlassen, dass das Erleben nicht über das Intellektuelle läuft“, sagt der Produzent Hendrik Vogt, der auch als Schauspieler mitwirkt.
Bodenständig verliefen dagegen die Dreharbeiten, unter anderem in einem Haus am Wichlinghauser Markt — „die Orte kann man aber nur erahnen“, sagt Regisseur Wallgram. „Es war wegen der Hitze im vorigen Sommer für alle anstrengend, die langen Drehtage konzentriert durchzustehen.“ Die Regel sei gewesen: Wir behandeln alle gleich. Es habe weder Extrawürste in der Ansprache noch beim Catering gegeben: „Die Kekse waren für alle da.“ Das habe total motivierend gewirkt. „Es war schon heiß, aber toll“, erinnert sich der Schauspieler Merlin Roemer. „Wir haben hinterher jedenfalls nicht mehr gewusst, wer behindert ist und wer nicht“, sagt Jeuckens.
„Das Leben ein Traum“ soll bundesweit in die Kinos kommen, wird jedoch zunächst auf Festivals gezeigt. Für die Beteiligten und ihre Freunde hat es bereits eine Premiere gegeben, die Begeisterung war einhellig. René Jeuckens: „Der Film funktioniert für das behinderte wie das nichtbehinderte Publikum. Aber die Nichtbehinderten haben mehr Fragen.“