Lesung Aus dem Leben eines modernen Taugenichts

Ruhrpott-Autor Frank Goosen hat am Dienstag im Kontakthof aus seinem aktuellen Roman „Kein Wunder“ gelesen.

FRANK GOOSEN liest aus seinem Roman: „Kein Wunder“

Foto: Fries, Stefan (fri)

In seinem aktuellen Roman „Kein Wunder“ schickt Autor Frank Goosen seinen modernen Taugenichts namens Förster wie schon im Vorgängerwerk auf eine Reise - oder besser gesagt auf drei Reisen. Denn dreimal soll Roland Förster seinen Freund Fränge in der geteilten Hauptstadt besuchen. Im Jahr des Mauerfalls, den Förster wie der Autor übrigens ebenfalls, so erzählt Goosen am Dienstagabend auf der Bühne des Kontakthofs, aber erst einmal gar nicht mitbekommen hatte. Das hat im Roman natürlich mit einer Frau zu tun und damit, dass Protagonist Förster dem Leben irgendwie immer nur zuschaut, es aber trotz dieser Passivität schafft, das ein oder andere Abenteuer zu erleben.

Das liegt einerseits daran, dass er im Affekt doch manchmal eine sich bietende Chance ergreift und andererseits an seinen Freunden Brocki und Fränge. Letzterer lebt 1989 also in West-Berlin und bereits auf dem Weg zu ihm läuft für die beiden Freunde aus dem Ruhrgebiet das ein oder andere schief. An der deutsch-deutschen Grenze zum Beispiel.

Zu Beginn liest Goosen aus ebenjenem Kapitel, in dem Förster und Fahrer Brocki die Grenze in Helmstedt/Marienborn überqueren wollen. Bei der Einführung in die Szene hatte Goosen erklärt, dass sich Brocki „ganz untypisch für ihn“ auf der Fahrt selbst am Steuer sitzend schon ordentlich einen hinter die Binde gekippt hatte. Wie auf Kommando fällt im Publikum eine Bierflasche um. Goosen als schlagfertiger Bühnenmensch bekannt und beliebt, weshalb seine Lesung auch bestens besucht ist, nimmt das Klirren der Flasche auf, stellt klar, dass sich der von Liebeskummer geplagte Brocki natürlich mit Dosenbier betrunken habe.

Besucher schwelgen
in Erinnerungen

Klar, es waren die 80er, als man die Lasche an der Bierdose noch abriss und damit um die Wette schnipsen konnte, statt sie wie heute einzudrücken, wenn man halt überhaupt noch Bier aus Dosen trinkt. Ist ja auch alles schlecht für die Umwelt.

Die meisten der rund 70 Besucher waren wie Protagonist Förster und Autor Goosen in den 80ern selbst junge Erwachsene, in dem Jahrzehnt also, in dem man noch ein wenig verschwenderischer unterwegs war (immerhin stand „der Russe“ ja auch dauernd drohend vor der Tür, Endzeitstimmung). In der Pause, die der Autor, der bereits in der ersten Szene mit den Darstellungen des betrunkenen Fränge und eines sächselnden Grenzers auf der Bühne zur Höchstform aufgelaufen ist und damit eine gute Werbung für die von ihm selbst eingelesenen Hörbuchfassung von „Kein Wunder“ macht, nach knapp einer Stunde einlegt, schwelgen die Besucher denn auch in Erinnerungen - von Schulterpolstern, über das Stricken in Seminaren an der Ruhr-Uni in Bochum (wo Förster, Fränge und Brocki wegkommen) bis zu den eigenen Erlebnisse im geteilten Berlin.

Was die drei jungen Männer aus dem Ruhrgebiet dort noch erleben, verrät Goosen im weiteren Verlauf des Abends in wohl dosierten Häppchen und nach einer Zugabe, dass er den Namen des Veranstaltungsortes immer mit dem Rotlichtmilieu in Verbindung bringe. Natürlich wisse er aber, dass „der etwas mit Pina Bausch zu tun hat, die ja auch die Schwebebahn installiert hat.“ Mit der ist Goosen übrigens noch nicht gefahren, erzählt er nach der Lesung beim Signieren seiner Bücher, der 52-Jährige hat also ein wenig Nachholbedarf in Sachen Wuppertal. Wiederkommen darf er trotzdem oder vielleicht gerade deshalb. Um amüsant zu sein, muss man ja nicht unbedingt Schwebebahn gefahren sein.