Hungrig auf Kultur: Kinder gehen erstmals in die Oper
20 Kinder aus der Alten Feuerwache gucken bei „Theater hautnah“ein Jahr lang hinter die Kulissen der Bühnen.
Wuppertal. „Als wir am Sonntag mit den 20 Kindern bei „Hänsel und Gretel“ waren, hat ein Mädchen erst durch ein Gespräch in der Pause gemerkt, dass im Opernhaus kein Film läuft, sondern echte Menschen singen und Instrumente spielen“, sagt Björn Krüger, der sich im Jugend- und Begegnungszentrum Alte Feuerwache um die kulturellen Projekte kümmert.
Mit Schauspiel und Oper kommen die Kinder, die an der Gathe betreut werden, sonst kaum in Berührung. Genau da liegt für alle Beteiligten ein enormes Potenzial — das in das bislang einmalige theaterpädagogische Projekt „Theater hautnah“ umgesetzt wird.
20 Kinder aus der Theatergruppe der Alten Feuerwache waren zum Auftakt gerade zum ersten Mal in ihrem Leben in der Oper: „Am schönsten war, als sich die Hexe bei Hänsel und Gretel’ das Kleid abgerissen hat und ein anderes drunter war“, sagt Leah (10). Die neunjährige Clijsters schwärmt von der Königin in „Alice im Wunderland“.
Sylvia Martin, die neue Theaterpädagogin der Bühnen, begleitet die Kinder bis Dezember bei den Führungen. „Den Blick hinter die Kulissen finde ich selbst total spannend“, sagt sie und ist sich darin mit der Musikpädagogin Dörte Bald einig, die seit zehn Jahren mit Kindern in der Alten Feuerwache Theater spielt.
Enno Schaarwächter, Geschäftsführer der Bühnen, nennt das Projekt „eine Herzensangelegenheit“. Die Bühnen seien angesprochen worden und „verbinden jetzt Kultur mit sozialem Tun“. Er hofft zugleich, über diesen Weg neue Besucher zu aktivieren, „denn von den Schulen kommt nicht mehr viel“.
Jana-Sophia Ihle, die pädagogische Leiterin der Alten Feuerwache, hebt hervor, dass der Bedarf an Betreuung wachse: „Wir wollen es aber nicht bei der sozialen und emotionalen Grundversorgung belassen, sondern auch die Kultur dazunehmen.“ Gerade Oper und Theater seien sehr gut geeignet, um soziale Basiskompetenzen zu trainieren: Pünktlichkeit, Zuhören, Rücksicht, Konzentration. Ihre Erfahrung: „Diese Kinder sind keineswegs übersättigt, sondern hungrig auf Kultur.“
Die ein oder andere Finanzspritze wollen die Theaterfreunde zum Projekt beisteuern. Ihr Vorsitzender Peter Vaupel sieht ein grundsätzliches Problem darin, dass an den Schulen die Kreativität vernachlässigt werde: „Wir brauchen neue Fantasien, wenn uns die Zukunft nicht erdrücken soll.“