Johannes Blum: „Hier würde ich gerne bleiben“

Dramaturg Johannes Blum schaut über den Bühnenrand. Seine Biografie bestätigt: Quereinsteiger können Brückenbauer sein.

Wuppertal. "Hier würde ich gerne länger bleiben." Johannes Blum sagt es aus lauter Überzeugung, aber auch mit leisen Zweifeln. Denn ob er tatsächlich langfristig im Tal Wurzeln schlägt, hängt nicht allein von ihm selbst ab - sondern vor allem von der Zukunft der Wuppertaler Bühnen.

Der Musikdramaturg singt ein Loblied auf die Stadt, seufzt jedoch dabei: "Jetzt komme ich mal an einen Ort, an dem ich die Stadt und das Theater toll finde, und dann ist die Aussicht, länger zu bleiben, eingeschränkt."

Nach seiner ersten Spielzeit in Wuppertal fällt Blums Bilanz gemischt aus. An den Bühnen fühlt sich der 53-Jährige sichtlich wohl. Umso schmerzhafter trifft ihn die Diskussion darüber, ob eine Sparte aus Kostengründen geschlossen werden muss. Der gebürtige Heidelberger schüttelt den Kopf: "Mehr als 350000 Einwohner und kein Schauspiel - das geht nicht."

Wie der Sohn von Lebensmittel-Händlern überhaupt zum Theater kam? "Meine Mutter hat schon immer klassische Musik geliebt. Das war sicherlich ein wesentlicher Faktor. Während des Studiums war dann klar, dass es in Richtung Theater gehen sollte", erzählt Blum, der sich in Frankfurt am Main auf Literatur- und Sprachwissenschaft spezialisiert hatte. Die großen Dramenstoffe studierte Blum, weil er sie als Regisseur auf die Bühne bringen wollte.

Dass er am Ende Dramaturg werden würde, hätte er selbst wohl am allerwenigstens gedacht. Denn das, was er nun ist, wollte er eigentlich nie werden: "In die Dramaturgie wollte ich nicht gehen, weil man da Öffentlichkeitsarbeit machen muss. Ich wollte eher in der Kunst sein als in der Werbung."

Doch es kam anders. Nach ersten Einsätzen als Regieassistent in Krefeld und Berlin ging’s nach Nürnberg. Dort war er allerdings nicht als Regisseur, sondern als Dramaturg gefragt - erst im Sprechtheater, wenig später in der Musiksparte. Dass sein Weg in die Oper über eine Querstraße führte, findet er heute gut. Doch zunächst war es eine große Umstellung: "Ich wurde nach einem halben Jahr intern verschoben und kam so in die Oper. Weil ich kein Musikwissenschaftler bin, habe ich dort extrem viel gelernt - das war eine großartige Zeit."

Spätestens seitdem gilt Blums Maxime, nicht zu trennen, was mitunter zusammengehört: "Ich mag es, wenn es Querverbindungen zwischen Oper und Schauspiel gibt. Die beiden Sparten können viel voneinander lernen", betont Blum, auch wenn (oder gerade weil) er weiß, dass es auch Skeptiker gibt, die lieber im eigenen Elfenbeinturm bleiben: "An vielen Häusern sind sich die Sparten spinnefeind. Dabei sind sich Oper und Schauspiel näher, als mancher glaubt."

Genau das gefällt ihm auch an Wuppertal: "Es ist sehr produktiv hier. Ich habe beide Ensembles als sehr experimentierfreudig kennengelernt. Die Zusammenarbeit ist toll und nicht selbstverständlich." Das liege nicht zuletzt an Opern-Chef Johannes Weigand, "der ein sehr guter Kommunikator ist". In Wuppertal sei kein großer Platz für theatertypische "Befindlichkeiten, Eitelkeiten und Pfründe. Das mag ich sehr."

Naheliegend ist für Blum auch, dass gerade Quereinsteiger neue Perspektiven eröffnen können: "Ich finde es gut, wenn Leute über Seitenstraßen kommen. Wo, wenn nicht in der Kunst, ist es möglich, dass man Kreuzungen schafft?" Keine Frage: In Wuppertal möchte er noch möglichst lange Brücken bauen - zumal die Bühnen mit Blick auf die drohenden Sparmaßnahmen an einer wichtigen Kreuzung stehen.