Jürgen Grölle verwandelt pass:projects in einen Adventskalender „Tach zu Tach“ - jeden Tag ein weiteres Kunstwerk

Jürgen Grölle verwandelt seine Galerie pass:projects in einen Adventskalender.

Jürgen Grölle verwandelt seine Galerie im Dezember täglich. Er hängt zum Beispiel das Werk “Kissen“ von Jaana Caspary in die Ausstellung.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Die Coronakrise macht einsam und erfinderisch. Letzteres trifft sicherlich auf Jürgen Grölle zu, der die Einschränkungen durch die Pandemie dazu nutzt, um im letzten Monat des Jahres noch mal richtig aufzudrehen. Er verwandelt seine Galerie am Arrenberg in einen großen Adventskalender, und verspricht den Besuchern jeden Tag eine neue künstlerische Überraschung.

2020 hätte sein Jahr werden können: Zehn Jahre lang gibt es Grölle pass:projects in den ehemaligen Fabrikgebäuden oberhalb der Wupper. Zehn Jahre, die der Galerist wegen der Corona-Krise nur im engsten Kreis feiern konnte. Die Ausstellung mit Jaana Caspary und Wolfgang Flad im Frühjahr habe trotz Lockdown dennoch ganz gut funktioniert, sagt er.

Seit September bestreiten Britta Bogers und Gereon Kreber die 60. und offizielle Jubiläumsausstellung. Die 66-Jährige zeigt abstrakte, mit geometrischen Formen und Strukturen arbeitende Bilder, der 47-Jährige organische Installationen und Keramikwesen – die kontrastierenden Arbeiten treten in einen reizvollen Dialog. Die Dauer der Ausstellung streckte Grölle bewusst in den Dezember hinein. Ohne Einladung und Vernissage und mit Besucherbeschränkung und Hygieneschutzmaßnahmen ist das Galerieleben jedoch ein ziemlich tristes. „Im Sommer war die Stimmung noch gut“, blickt er zurück und bedauert, dass er seit November keine Veranstaltungen mehr machen darf.

Der virtuelle (virussichere) Ausstellungsraum ist für den Galeristen keine Alternative: „Kunst muss man riechen, die Stofflichkeit und den Auftrag der Farbe erfahren“, sagt der 61-Jährige, der früher selber erfolgreich malte. Der sich entschloss Galerist zu werden, um einen Raum für andere Künstler zu schaffen und sich mit grundsätzlichen Themen der Kunst auseinanderserzusetzen. Dass er sich dabei auch der Förderung junger Talente verschrieb, führte vor ein paar Jahren auch zur räumlichen Erweiterung der Galerie. Raum zwei kam hinzu, den Jaana Caspary kuratiert.

Die 32-jährige Wuppertalerin gehört zu seinem Künstlerstamm, ist bei der Benefizversteigerung Kunst kann’s und jetzt auch bei „Tach zu Tach“ dabei. Die Idee zu dieser Ausstellung kam Grölle vor zwei Wochen. Der Titel kleidet das coronabedingte Leben der Menschen, das Hangeln von Tag zu Tag, ins Wuppertaler Platt. 24 Künstler will er ab 1. Dezember 24 Stunden und 24 Tage lang ausstellen, täglich ein neues Bild, eine Skulptur oder Foto-
arbeit in der Ausstellung anbringen und dafür eines aus der aktuellen mit Bogers und Kerber herausnehmen. Auf diese Weise schwindet deren Schau langsam und erfährt ein besonderes Ende, auch ohne die nicht erlaubte Finissage. Grölle: „Beide sind einverstanden, zumal es ihre Schau noch einmal aufwertet.“

Außerdem verändert sich die Galerie, wird immer wieder neu belebt. Einerseits erscheint das einzelne Kunstwerk in neuem Kontext, andererseits wandelt sich die Gesamtsituation der beiden Räume. Wen genau Grölle präsentiert, verrät er noch nicht – nur, dass er sich bei den Arbeiten seiner Künstler bedient, einige hinzuholt, wie eine Keramik des Griechen Hector Mavridis, den er schon früher gezeigt hatte. „Ich will da flexibel sein“, erklärt er.

Galerie wird einem steten
Wandel unterzogen

Meint damit auch die Hängung, die er intuitiv vornehmen wird. Sichtbar werden soll die neue Lebendigkeit auch in den sozialen Medien. „Für mich schließt sich damit der Kreis – das Zehnjährige endet mit einer Gruppenausstellung.“ Am 25. Dezember, wenn die Galerie geschlossen sei und er Geburtstag habe, hänge er noch ein letztes Bild auf: Ein Porträt von ihm, das Peter Schmersal gemalt hat.

Das neue Jahr beginnt in der Galerie Grölle pass:projects wieder wie gewohnt mit einer Doppelausstellung: Die Wuppertaler Hannah Kuster und Bert Didillion stellen ab dem 16. Januar aus. Die 24-Jährige Kunstakademiestudentin entdeckte Grölle in diesem Jahr beim Akademie-Rundgang in Düsseldorf. Er verschaffte ihr eine dreimonatige Residence in seinem ehemaligen Studio, deren Ergebnisse sie vorstellen wird. Ihre abstrakten, mit Strukturen und Überlagerungen spielenden Bilder faszinieren ihn. Hinzu nimmt er Werke des 55-jährigen Didillion, die Konzepte der Klassiker der Moderne aufgreifen, erden und mittels alltäglicher Materialien ironisieren und aktualisieren.

Es ist Leben in der Galerie am Arrenberg – auch in der Corona-Krise.