„Kabale und Liebe“: Im TiC wird es menschlich

Die Premiere am Sonntagabend überzeugte: Die mitreißende Inszenierung von Ingeborg Wolff berührt und ist aktuell.

Wuppertal. Das Liebespaar überzeugte schon als Romeo und Julia. Diesmal geben Robert Flanze und Lara Sienczak im TiC-Theater den jungen Adeligen und die einfache Stadtmusikantentochter aus Schillers „Kabale und Liebe“.

Ingeborg Wolff inszeniert den Klassiker an der Borner Straße und bringt ihre ganze Erfahrung von den Wuppertaler Bühnen ein. Sie schafft es, die Figuren sehr menschlich zu machen. Obwohl das Grundthema — Liebe über die Standesschranken hinweg — heute kaum noch eine Rolle spielt, wirkt das Stück sehr aktuell. Es geht um den Disput zwischen Vater und Sohn, ob die Freundin passend sei.

Das nur angedeutete Bühnenbild von Iljas Enkaschew mit großen Fenstern vor groben Backsteinmauern konzentriert die Aufmerksamkeit auf die handelnden Figuren.

Die Adeligen tragen als Zeichen ihrer „Blutsverwandschaft“ alle ein rotes Kleidungsstück: Präsident von Walter eine Krawatte, Ferdinand Turnschuhe, Lady Milford ein Tuch.

Gleichzeitig fies und freundlich wirkt André Klem als Präsident. Ungerührt gibt er Befehle, um die Menschen wie Schachfiguren zu steuern, und spielt dann wieder den besorgten Vater, um seinen Sohn zu umgarnen.

Mit nur wenigen Blicken oder einem kaum wahrnehmbaren Verziehen des Gesichts schafft es Klem, den Charakter deutlich zu machen. Herausragend agiert auch Mirca Szigat als Lady Milford. Glaubhaft verkörpert sie die mächtige Hofdame, die zwischen ihrer Rolle und emotionaler Unsicherheit hin- und hergerissen ist. Mal bricht sie als verliebte Frau zusammen, dann wieder betrachtet sie kühl die junge Luise oder wütet wild, als sie ihre Pläne durchkreuzt sieht.

Björn Tappert sorgt als aufgetakelter Hofmarschall von Kalb mit überdrehter Galanterie für lustige Momente. Nur Alexander Bangen als Sekretär Wurm wirkt zu nett, zu wenig schmierig, um die allseitige Ablehnung zu erklären.

Robert Flanze in Kapuzenpulli und Jeans und Lara Sienczak als Luise bilden ein wunderbar verträumtes Teenie-Paar, das sich den Gepflogenheiten der Erwachsenenwelt verweigert. Da können auch der polternde, gutherzige Musikant (Joachim Rettig) und seine Frau (Martina Wortmann) nichts ändern. Düstere Streicher-Töne zwischen den Szenen verheißen Unheil.