Kinder entdecken die Oper: „Wo ist denn der Teufel?“
Eine neue Reihe will den Nachwuchs ins Opernhaus locken. Die gestrige Premiere begeisterte rund 300 junge Gäste.
Wuppertal. Auch ein Satansbraten hat menschliche Bedürfnisse. Davon sind die kleinen Zuschauer im Opernhaus unüberhörbar überzeugt. „Wo ist denn der Teufel?“, fragt ein Junge mitten im bestens besuchten Saal. Die Antwort kommt prompt — von einem anderen Schüler. „Auf dem Klo!“, meint der aufgeweckte Steppke.
300 junge Gäste quittieren den offenen Gedankenaustausch auf ihre Weise. Manche kichern, andere glauben ganz offensichtlich die Mär vom Teufel und seiner Toilettenpause — und warten nur darauf, dass der Fürst der Finsternis auf die Bühne kommt und sich zu erkennen gibt.
Keine Frage: Es ist ein ungewöhnliches Premierenpublikum, das Schauspieler Marco Wohlwend gestern in Barmen erlebte. „Oper am Vormittag“ heißt das neue Format der Wuppertaler Bühnen, das die Zuschauer von morgen schon heute fürs Musiktheater begeistern soll.
„Der Freischütz“ machte den Anfang — und zeigte direkt zum Start, dass der Nachwuchs keinesfalls nur die neuesten Computerspiele kennen mag, sondern auch Feuer und Flamme ist, wenn eine romantische Oper angesagt ist. Wobei die Liebe zwischen Max (Christian Sturm) und Agathe (Banu Böke) dann doch nicht das ist, was die 300 jungen Gäste am stärksten fesselt.
Da kann Marco Wohlwend, dem es sichtlich Freude bereitet, eine Mischung aus Moderator, Opern-Erklärer und Concierge zu sein, noch so oft auf die eigentliche Geschichte zurückkommen — immer wieder wollen seine wissbegierigen Zuhörer nur das eine wissen. Wie sieht der Teufel aus? Und: Wohnt er gar bei Wohlwend im Wohnzimmer? Bis seine hellwachen Gäste dem Schauspieler glauben, dass der Satan unsichtbar ist, dauert es.
Dabei sind Zwischenrufe, Nachfragen und freche Kommentare durchaus erwünscht. Sie gehören zum Konzept. Und das geht auf: Die Premierengäste haben keine Scheu, auf Wohlwends Wunsch hin der Wildschwein-Attrappe fröhlich nachzuwinken („Tschüß Ella!“) oder mitzuraten, was sich der Komponist Carl Maria von Weber wohl bei der ein oder anderen Tonfolge gedacht haben könnte („Ich höre ein Pferd galoppieren!“).
Während Solisten, Chor und Sinfoniker auftreten, als präsentierten sie nicht „nur“ kleine Häppchen, sondern spielten abendfüllend vor „großem“ Publikum, fällt Wohlwend immer wieder geschickt aus der Rolle. Als Kommentator erklärt er Szenen, Übergänge und Figuren. Anfangs spricht er etwas (zu) schnell, doch am Ende wird es immer interaktiver. Kurzweilig und kindgerecht erklärt das Team die Opernwelt („Agathe ist eine Heulsuse“). Nach gut 60 Minuten steht fest: Die Premiere ist gelungen, der Teufel allerdings immer noch nicht vom WC zurückgekehrt.