Klarinettist spielt beim Karlspreis

Reinald Noisten widmet sich mit seinem Ensemble der Einheit der Religionen: Bei ihm trifft Klezmer auf Derwisch und Orgel.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Ursprünglich wollte Reinald Noisten evangelischer Pfarrer werden, am Freitag spielt er im Rahmenprogramm der Verleihung des Karlspreises an den Papst. Franziskus erhält den Preis für seine Bemühungen um den Dialog der Religionen.

Das ist deshalb so wundersam passend, weil sich der Klarinettist selbst zunehmend der Einheit der Religionen widmet. Noisten ist zweifelsfrei christlich-evangelisch verwurzelt, doch über den Klezmer-Klarinettisten Giora Feidman kam er nach dem Musikstudium zur jüdischen Musik, „vorher war ich auch mal buddhistisch unterwegs“. Das brachte ihn zu dem Versuch, Religionen zumindest in der Musik zu vereinen. „Die Suche nach dem Göttlichen, nach dem Einssein in einer Welt voller Liebe und Frieden ist im Grunde bei allen gleich, sie drücken es nur anders aus“, sagt der 48-Jährige.

Seit gut zehn Jahren betreibt Noisten mit seinem vierköpfigen Ensemble das interkulturelle Projekt „Klezmer trifft Derwisch“ — „damals gab es diese Diskussionen über Islamismus überhaupt noch nicht“. Klezmer und die Sufi-Musik der tanzenden Derwische harmonieren verblüffend gut. Doch der Musiker merkte: „Da geht noch mehr.“ Der Dialog weitete sich 2014 zum Trialog — jetzt kommen noch Texte des christlichen Mystikers Meister Eckart hinzu.

„Wenn man Künstler ist, entstehen die besten Sachen einfach über das Machen“, sagt Noisten. So ist im Herbst die jüngste Variante entstanden. bei der der Derwisch nicht nur zu Klezmer-Klängen, sondern auch zur Orgelmusik von Johann Sebastian Bach tanzt — eine Begegnung mit dem Hauptinstrument der christlichen Kultur. Seit Jahren läuft auch sein Programm Klezmer und Lyrik erfolgreich, in dem die Schauspielerin Nina Hoger vor allem Gedichte von Else Lasker-Schüler liest.

Nach mehreren Konzerten in Aachen hat ihn das dortige Kulturamt nun für den Auftritt beim Karlspreis engagiert. Die Auszeichnung wird in diesem Jahr ausnahmsweise am Tag nach Christi Himmelfahrt übergeben, weil der Papst am Feiertag verständlicherweise andere Verpflichtungen hat. Die Verleihung findet auch nicht in Aachen, sondern in Rom statt. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) reist eine 450-köpfige Delegation aus Aachen zum Festakt im Vatikanischen Palast an.

Doch auch die daheimgebliebenen Aachener sollen ihr Stück vom Preis bekommen: Die Verleihung wird in den Krönungssaal des Rathauses übertragen, wo als Rahmenprogramm ein „Dialog der Religionen“ stattfindet. Den begleiten Noisten und sein Tabla-Spieler Shanmugalingam Devakuruparan musikalisch, improvisieren etwa zur Europahymne — „durch die Tabla, die weitverbreitete indische Trommel, klingt die ,Ode an die Freude’ viel tänzerischer“, sagt der Klarinettist. „Ich finde es toll, unseren Teil beizutragen. Musik ist ja sehr nah am Energetisch-Religiösen.“

Das Noisten-Ensemble ist für den Sommer bei zahlreichen Kulturfestivals gebucht, tritt auch regelmäßig im Umkreis von Wuppertal, etwa in Lennep, Velbert und Düsseldorf, auf. Nur in seiner Heimatstadt — Noisten wohnt mit seiner Frau in Nächstebreck — sieht man ihn so gut wie nie auf der Bühne: „Ich weiß nicht, woran das liegt, aber in Wuppertal will man die Gage nicht zahlen, die wir haben müssen.“