Kritikerumfrage: Tanztheater schneidet am besten ab
Einmal im Jahr bewerten Kritiker die Bühnen in Nordrhein-Westfalen. So knapp wie diesmal war das Ergebnis noch nie.
Wuppertal. Abgerechnet wird ganz zum Schluss: Einmal im Jahr warten Intendanten wie Leser begierig auf die Kritikerumfrage. Überraschungen gibt es immer, wenn es die Fachzeitschrift "theater pur" zum Spielzeit-Ende noch einmal so richtig spannend macht und Journalisten in ganz NRW die Daumen nach oben oder nach unten halten. So knapp wie diesmal war das Ergebnis allerdings noch nie.
Wuppertal steht zwar auf keinem Spitzenplatz, konnte aber im Einzelfall punkten. Die meisten Lorbeeren erntete das Tanztheater, das vor allem durch das "Fest für Pina" Sympathien sammelte - speziell mit dem Eröffnungs-Stück ("Kontakthof mit Teenagern ab 14"), das als "Sensation des Festivals" gefeiert wurde. Die Choreographie, bei der Jugendliche zum Teil erstmals im Rampenlicht standen, beweist auch, wie fließend die Grenzen zwischen den einzelnen Künsten sind: Rolf Borzik ("Kontakthof mit Teenagern ab 14") erhielt eine Nennung in der Kategorie "Beste Ausstattung" - allerdings nicht in der Tanz-, sondern in der Schauspiel-Sparte.
Unter dem Strich belegt das Ensemble von Pina Bausch Platz zwei in der Rubrik "Tanz/Ballett" - hinter dem Aalto Ballett Theater Essen. Im Sprechtheater spielt Wuppertal hingegen keine Rolle. Nur Ingeborg Wolff sticht heraus: Wuppertals "Mutter Courage" erhielt eine Nennung als "Beste Schauspielerin". Am Ende gab es zwar auch im Musiktheater keine Pokale für Wuppertal, aber ebenfalls Nennungen: Für "Tristan und Isolde" wurden Toshiyuki Kamioka als "Bester Dirigent" und Marion Ammann als "Beste Sängerin" vorgeschlagen, auch bei den wichtigsten Wieder- und Neuentdeckungen machten die Wuppertaler Bühnen gleich zweifach auf sich aufmerksam ("Vor dem Gesetz", "Iphigenie auf Tauris").
Freuen kann sich auch Joy Wonnenberg ("Kontakthof mit Teenagern ab 14"): Das junge Talent wurde als "Beste Nachwuchstänzerin" ins Gespräch gebracht. Die bloße Erwähnung bringt ihr zwar keinen handfesten Preis ein, ist aber eine Ehre an sich.
In der renommierten Expertenrunde gibt es übrigens neben viel Lob auch überraschend offene Begründungen. So zieht ein Kritiker vor allen junge Damen des Kontakthof-Ensembles den Hut, angetan hat es ihm hauptsächlich "die junge Tänzerin, die als besonders Begabte von ihren Kameraden - mehr noch von ihren Kameradinnen - isoliert wurde". Vielleicht tröstet sie nun der kleine Ritterschlag in der großen Kritikerumfrage.