Michael Zeller schreibt über einen Außenseiter
Der Wuppertaler Autor weiß, was „Der Schüler Struwe“ erlebt hat, und beschreibt es in der Reihe „Die besonderen Hefte“.
Wuppertal. Struwe ist anders als seine Mitschüler. Der Junge trägt altmodische Kleidung - und nicht nur das wirkt sonderbar. Auch seine Köperhaltung, sein verschrobenes Benehmen und dann noch der Tick, seine hässliche Schultasche immer festzuhalten wirken so. "Der Schüler Struwe" heißt eine neue Erzählung von Michael Zeller. Der Text des Wuppertaler Schriftstellers und Von der Heydt-Preisträgers ist im Nordpark Verlag in der Reihe "Die besonderen Hefte" erschienen. Das kleine Bändchen umfasst 36 Seiten und ist schlicht und schön aus hochwertigem Papier in Fadenheftung angefertigt.
Die Geschichte erzählt von einem Außenseiter. Ein Thema, das zu jeder Zeit aktuell ist, in diesem Fall auf die Schulzeit in Marburg in den 1950er Jahren bezogen ist und sich damit auf eigene Erlebnisse des Autors bezieht.
Der Ich-Erzähler, der Historiker Dr. Gernot Schobert, erinnert sich an den damaligen Mitschüler Struwe. Verspottet haben er und seine Mitschüler den sonderbaren Gesellen. Doch das blieb immer harmlos, denn "im Grunde mochten wir ihn, und wir respektierten ihn so wie er war".
Nach mehr als 40Jahren treffen sich Schobert und Struwe wieder. Und noch immer hat Struwe diesen schweren, nach vorn geneigten Gang, noch immer hält er stets eine Aktentasche fest im Griff - selbst beim Strandspaziergang.
Doch es hat sich auch etwas geändert. Die beiden Männer kommen ins Gespräch und Struwe gibt erstmals bereitwillig Auskunft über seine schwierige Jugend ("Aber hatte ich ihn je danach gefragt?", überlegt Schobert). Und dann nuschelt Struwe etwas vom jetzigen Leben, von seinen "sonntäglichen Freuden".
Da möchte er seinem alten Kameraden etwas andeuten und doch verschleiert er es zugleich. Er entzieht sich direkt wieder. Wie früher. Doch neu ist dieses leichte Lächeln in seinem Gesicht.
Zeller erzählt wohltuend zurückhaltend und doch sehr genau. Er macht in klarer, nüchterner Sprache die Verwunderung des Erzählers, sein Gefühl der Verbundenheit, sein Forschen, das kurzzeitige Näherkommen deutlich - und lässt ebenso stets die anhaltende Distanz mitschwingen.
Die beiden Männer begegnen sich nach all den Jahren wohlwollend und interessiert. Sie sind sich nah, denn gemeinsame Schulzeit verbindet. Lebenslang. Doch ihr Verhältnis ist so wiefrüher schon: so nah und doch so fern. Schriftsteller Zeller legt all dies mit Bedacht in seiner Erzählung an. Ein unspektakuläres, aber gekonntes Werk. Es ist rasch gelesen und wirkt doch lange nach.