Opern-Dirigent: Wer darf in Kamiokas Fußstapfen?
Wird Hilary Griffiths Chef-Dirigent der Oper? Leo Siberski ist auch im Gespräch. Die Suche nach einem Nachfolger von Toshiyuki Kamioka ist schwierig. Auch ein 1. Kapellmeister fehlt.
Wuppertal. Der Tierverkäufer aus Tirol wartet schon auf sein Publikum, der 1. Kapellmeister fehlt hingegen. Mit anderen Worten: Wenn "Der Vogelhändler" am 22. August die neue Spielzeit der Wuppertaler Bühnen einläutet, ist eine zentrale Stelle im Ensemble nicht besetzt.
Hinter dem vakanten Amt steckt aber mehr als ein leerer Stuhl - nämlich die Suche nach einem Chef-Dirigenten. Und genau die bremst die Suche nach einem Ersatz für Evan Christ, der bis zur Sommerpause 1. Kapellmeister in Wuppertal war und nun befördert wurde: Der gebürtige US-Amerikaner wechselt als Generalmusikdirektor nach Cottbus.
Noch ist vollkommen offen, wer seinen Posten übernimmt. Nur so viel ist klar: "Die Wahl, wer 1.Kapellmeister wird, hängt von der Entscheidung ab, wer Chef-Dirigent wird", betont Oliver Tettenborn als Sprecher der Wuppertaler Bühnen. Kein Wunder: Der 1. Kapellmeister ist der engste Mitarbeiter des neuen Opern-Oberspielleiters - da sollte es keine Misstöne geben.
Umso brisanter ist die Suche nach einem Nachfolger von Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka (GMD) wird, der ab 2009/10 zwar die Leitung des Sinfonieorchesters behält, aber keine Opern mehr dirigieren will. Nach WZ-Informationen zieht sich das Verfahren, weil Kamioka potenzielle Kandidaten besonders sorgsam auf Herz und Nieren prüft. "Er hat ein Veto-Recht", erklärt Tettenborn. Zwar stimmten alle Musiker nach jedem Vordirigat eines Bewerbers geheim ab. Doch ohne das endgültige Nicken des GMD dürfte kein Kandidat endgültig im Tal bleiben.
Das Personalkarussell kommt also erst in Schwung, wenn Kamioka den Daumen nach oben hebt: Er entscheidet mit, wer Chef-Dirigent wird - der wiederum soll ein entscheidendes Wörtchen mitreden, wenn es um die Kapellmeister-Stelle geht.
So weit, so theoretisch. In der Praxis erwartet vor allem Gerd Leo Kuck, dass die Suche nach einem Chef-Dirigenten zügig beendet wird. "Hoffentlich wird sehr bald eine Entscheidung getroffen", sagt der Generalintendant, "möglichst noch im September."
Die Chance besteht durchaus: In den kommenden Wochen stellen sich zwei Kandidaten vor, die es in die engere Auswahl geschafft haben. Hilary Griffiths dirigiert ein Open-Air-Konzert, mit dem das städtische Orchester am 17. August um 19.30 Uhr auf dem Johannes-Rau-Platz "200Jahre Stadt Barmen" feiert. Und Leo Siberski leitet eine Operngala, mit der die Sinfoniker am 6. September um 20 Uhr in die Stadthallen-Saison starten.
Beide werden derzeit als heiße Kandidaten gehandelt - wie allerdings schon andere vor ihnen. Rund 50 Musiker hatten sich beworben, wie Opern-Oberspielleiter Johannes Weigand erklärt. Obwohl er zusammen mit Kamioka seit Anfang des Jahres gezielt, aber vergeblich nach einem geeigneten Dirigenten sucht, hat er noch keine Sorgenfalten im Gesicht: "Wir haben ein wunderbares, attraktives Orchester und werden sicherlich jemand Tolles finden." Das glaubt auch Kamioka.
Zehn Musiker hätten bisher einen Termin für ein Vordirigat bekommen oder als Gastdirigent eine Opern-Aufführung geleitet. Nun ruhen alle Hoffnungen auf Griffiths und Siberski. "Es kann sein, dass wir nach ihren Dirigenten glücklich sind", sagt Kamioka, "vielleicht sind wir auch nicht ganz glücklich. Dann müssen wir weiter suchen."
Dabei dürfte klar sein, was Kamioka von seinem Opern-Nachfolger erwartet: "Es sollte jemand sein, der die Oper und die Stadt liebt - also dann auch in Wuppertal wohnt." Gesucht wird "kein Anfänger, sondern ein erfahrener Repertoire-Dirigent".
Die Zeit drängt. Zwar tritt der Neue sein Amt erst zur Spielzeit 2009/10 an. Doch schon in der kommenden Saison möchte ihn Kuck für Gast-Auftritte verpflichten. So lange die beiden Schlüsselpositionen nicht besetzt sind, steht auch noch nicht fest, wer die Wiedereröffnung der Oper im Januar 2009 musikalisch leiten wird. Fest steht bislang nur, dass die neue Ära am 18. Januar mit "Fanferlieschen Schönefüßchen" beginnt.
Im Frühjahr folgt eine Uraufführung von Salvatore Sciarrino. Bleibt die Frage, weshalb die Oper nicht mit einem Paukenschlag - mit Sciarrinos Auftragskomposition - eröffnet wird. "Sciarrino ist viel beschäftigt", sagt Kuck, "das hätte er bis Januar nicht geschafft."