Premieren-Vorstellung rührt das Publikum zu Tränen

Petra Koßmann lief in „Oskar und die Dame in Rosa“ zu Höchstform auf.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Aufwühlend und hoch emotional ist das Stück „Oskar und die Dame in Rosa“, das im TiC-Atelier am Samstag Premiere hatte. Manch ein Zuschauer wischte sich während der packenden Geschichte verstohlen eine Träne aus den Augen. Denn Oskar ist ein zehnjähriger, krebskranker Junge. Er merkt an den Reaktionen, dass er bald sterben muss, ist wütend und traurig, dass niemand mit ihm darüber spricht.

„Ich mache keine Freude mehr. Der Doc sieht aus, als ob ich einen Fehler gemacht hätte“, sagt Oskar. Die Dame in Rosa — eine ehrenamtliche Betreuerin — ist die einzige, die auf seine Fragen antwortet. Petra Koßmann spielt das 75-Minuten-Solo mit einer unglaublichen Präsenz und Intensität. Jede Miene, jede Bewegung sitzt. Mit minimalen Änderungen der Mimik oder der Sprechweise wechselt sie zwischen den Figuren.

Trotzdem ist völlig klar, wer hier gerade redet. Mal wirkt die Schauspielerin nachdenklich, dann ärgerlich oder müde. Sie trotzt und flirtet, strahlt vor Glück oder weint. Denn Rosa, wie Oskar seine geliebte Betreuerin nennt, hat ihm gesagt, dass er an jedem Tag zehn Jahre seines Lebens erlebt. So verliebt sich Oskar mit 20 Jahren in eine Mitpatientin, „heiratet“ sie mit 30, erlebt mit 45 seine Midlife-Crisis und wird gegen Ende seines Lebens immer schwächer und abgeklärter.

Ein paar große Styroporklötze und ein rosa Kittel sind die einzigen Requisiten und gleichzeitig Bühnenbild. Sie dienen als Bett, Spielzimmer und Kirche. Petra Koßmann trägt die Klötze durch den mit einem Vorhang abgeteilten Raum, stapelt sie übereinander, und zieht den Kittel an, wenn sie längere Zeit Rosa wird. Dazu unterbricht Regisseurin Beate Rüter die Szene immer wieder mit wummernden Rhythmen oder disharmonischen Klängen und gibt damit den Gefühlen Raum.

Sehr geschickt rahmt Beate Rüter die Inszenierung ein, indem Petra Koßmann zu Beginn eine dünne Folie und ein weißes Laken von den zusammengeschobenen Klötzen zieht und beides am Ende wieder darüber deckt — wie ein Bett, das nach dem Weggang des Patienten neu bezogen wird.

Die Aufführung erhält einen sehr langen Applaus. Wieder und wieder muss Petra Koßmann für ihre großartige Leistung auf die Bühne kommen. Danach bleiben die Zuschauer noch eine ganze Weile gebannt sitzen, bevor sie ihre Mäntel anziehen, so tief hat sie diese Inszenierung berührt.