Verzichtet Kamioka auf eigenes Ensemble?
Laut Betriebsrat sollen Produktionen anderer Häuser angekauft werden.
Wuppertal. Für die Angestellten der Wuppertaler Bühnen dürfte es wieder ein Schlag ins Gesicht sein: Laut WZ-Information will Toshi-yuki Kamioka, der bereits die Verträge der Ensemble-Mitglieder nicht verlängerte, offenbar nun doch nicht an einem eigenen Ensemble festhalten. Die nächsten zwei Spielzeiten habe er schon ohne festes Ensemble in Wuppertal geplant.
Beim Beschäftigten-Forum informierte der Chef-Dirigent der Sinfoniker und zukünftige Opern-Intendant die Angestellten der Bühnen zum aktuellen Stand der Vorbereitungen seiner Intendanz ab der nächsten Spielzeit. So wolle er das Stagione-System in der Oper spielen, was bedeutet, dass sich die begrenzte Anzahl an Opern im Spielplan auch auf Co-Produktionen stützt oder auf aus anderen Häusern angekaufte Produktionen.
Die Ensembles werden für jedes Stück engagiert, Inszenierungen in längeren Serien gezeigt und dann wieder abgesetzt. „Eine Art Blockspielweise haben wir ja in den vergangenen Jahren bereits praktiziert, auch aus wirtschaftlichen Gründen“, erklärt Holger Springorum vom Betriebsrat der Bühnen-Mitarbeiter.
Was unter dem Strich finanziell günstiger zu sein scheint, etwa weil lange Probezeiten entfallen und angefragte Gäste ohne Tarifbindung spielen, bedroht die Existenz der Künstler und der Bühnen-Mitarbeiter, wenn kein Repertoire-Betrieb mehr praktiziert wird. Holger Springorum: „Herr Kamioka wünscht sich sehr ein festes Ensemble, aber die finanziellen Mittel reichen dazu nicht aus.“
Obwohl Kamioka zwei Stücke aus der Intendanz von Johannes Weigand als Wiederaufnahme plant, hat er offensichtlich bislang die damals beteiligten Sänger nicht um ihre Mitarbeit gebeten. Kurz vor der Vorstellung des neuen Spielplans dürfte das nicht nur Bühnen-Mitglieder, sondern auch das Publikum irritieren. Zumal Kamioka geäußert haben soll, die Wuppertaler Sänger, die er angefragt habe, seien zu teuer gewesen.
An eine solche Anfrage kann sich jedoch kein Ensemble-Mitglied erinnern. Adil Laraki, der Vorsitzende im Landesverband NRW der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger: „Das bedeutet den sozialen Abstieg für die Künstler. Herr Kamioka hat eine Verantwortung, auch für die Bedürfnisse des Publikums und kann unmöglich ein Haus wollen, das einfach ‚nur’ bespielt wird.“ Laut Laraki sei Wuppertal dann bundesweit das einzige öffentlich getragene Haus ohne eigenes Ensemble.
Noch im September 2013 zitierte die WZ nach der öffentlichen Empörung, als im Juli erstmals bekannt worden war, dass Kamioka eine Abkehr vom Ensemblebetrieb plane, aus der Presseerklärung: „Eine Abkehr vom Ensemblebetrieb (sei) vom neuen Opernintendanten nicht beabsichtigt gewesen.“ Es sei jedoch „das vornehme Recht jeder neuen Intendanz, ein Ensemble nach seinem künstlerischen Konzept zu formen“.
Mittlerweile ist fast ein halbes Jahr der Ungewissheit vergangen, und die neuesten Aussagen sind wie ein Blitz eingeschlagen. Demnach wird nicht nur am Ensemble, sondern auch an Theaterpädagogik, Pressestelle, Dramaturgie und szenischer Assistenz gespart. Selbst Spielzeit-Heft, Werbung und Videos sollen nach Spar-Potenzialen abgeklopft werden.