Schauspielerin Juliane Pempelfort liebt den Nullpunkt
Teil 3 der Serie "Neuanfang an den Wuppertaler Bühnen": Juliane Pempelfort mag Entwicklungen – auf der Bühne wie auch privat. Die gebürtige Potsdamerin ist neu im Wuppertaler Ensemble.
Wuppertal. "Ich kann nicht behaupten, dass ich gerne im Mittelpunkt stehe." Ein Satz, der verblüfft. Denn Juliane Pempelfort findet man an den Wuppertaler Bühnen genau dort, wo sie sich demnach selbst nicht suchen würde: im Mittelpunkt des Geschehens.
Alles andere wäre beruflich auch ein Desaster, denn die 30-Jährige ist Schauspielerin. Natürlich stellt sich da die Frage, ob sie privat zu den extrovertierten Künstlern gehört, die sich von einer Bühne magisch angezogen fühlen, oder zu denen, die privat eher schüchtern sind und eben deshalb die Maskerade schätzen.
Was also zieht sie ins Rampenlicht? "Ich liebe die Herausforderung, nie zu wissen, was auf einen zukommt." Pempelfort meint den Probenprozess, der jede Produktion zu einer gemeinsamen Entdeckungsreise macht - egal, wie viel Berufserfahrung man habe oder wie gut man ein Stück kenne. "Man fängt immer wieder am Nullpunkt an und muss sich neu in Fremdes hineinfinden."
Auch räumlich ist sie gerade dabei, genau das zu tun: Die gebürtige Potsdamerin ist ab sofort in Unterbarmen zu Hause - und fühlt sich wohl. "Ich finde Wuppertal großartig und mag die Spannung, die sich zwischen den Nachkriegsbauten und den schönen Jugenstil-Villen ergibt." Oder anders gesagt: "Es gibt hier fast überall eine schöne Ecke zwischen zwei hässlichen Häusern."
Die 30-Jährige liebt nicht nur ihren Freund, einen Regisseur, der in Hamburg lebt, sondern neuerdings auch die Schwebebahn: "Ich finde sie wunderschön."
Vermutlich wurde sie mit der Stadt auch deshalb so schnell warm, weil ihr der neue Chef bereits vertraut ist: Christian von Treskow, frisch gekürter Schauspiel-Intendant, hat sie von Erlangen nach Wuppertal geholt. "Dort haben wir zusammen am ,Hamlet’ gearbeitet." Damals hat sie die Ophelia gespielt - noch heute erzählt sie mit leuchtenden Augen davon. Man merkt, dass die Chemie zwischen beiden stimmt. Was der ehemaligen Biologie-Studentin die Entscheidung für Wuppertal leicht gemacht haben dürfte. Zumal sie sich schon jetzt auf ihre nächste Premiere am 12. Dezember freut: "Bald starten die Proben für ,Cabaret’. Das wird eine ganz neue Herausforderung", sagt Pempelfort, die auch gerne mit Armen und Händen "spricht" und zum ersten Mal in einem Musical mitmischt.
Aber wie kommt die Tochter einer Krankenschwester und eines Handwerkermeisters überhaupt dazu, Theater zu machen? Auch diese Antwort verblüfft: "Ich wurde auf dem Schulhof entdeckt. Ein Filmteam hat Mädchen gesucht." Acht war sie, als sie vom Fleck weg engagiert wurde - für den Film "Pestalozzis Berg" (1988/89). "Das war toll. Wir wurden mit dem Taxis aus dem Matheunterricht abgeholt und haben in den Defa-Studios arme Kinder gespielt."
So wurde sie schnell reich an Erfahrungen: Noch während ihrer Schauspiel-Ausbildung an der Ernst-Busch-Hochschule in Berlin hatte sie Engagements am Maxim Gorki Theater. "Ich habe auch mal gekellnert und weiß: Vier Stunden Proben sind anstrengender, als acht Stunden zu kellnern." Aber die Reise lohne sich. Immer wieder aufs Neue.