Sinfoniker und ihr Instrument (14): Die Pauke - Für jedes Tempo zu haben
Solo-Pauker Martin Schacht erklärt, weshalb er das gesamte Orchester „in der Hand hat“.
Martin Schacht ist seit 1990 Solo-Pauker im Wuppertaler Sinfonieorchester. Außerdem ist er Mitglied im sogenannten Education-Team, das den Nachwuchs für Musik begeistern möchte.
Herr Schacht, wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie beruflich auf die Pauke hauen möchten?
Martin Schacht: Da mein Vater Solo-Pauker bei den Düsseldorfer Symphonikern war, bin ich mit klassischer Musik und natürlich ganz speziell mit der Pauke aufgewachsen. Wahrscheinlich manifestierte sich der Wunsch schon im Vorschulalter, denn ich wurde mehrfach dabei beobachtet, wie ich die Sofakissen um mich herum aufbaute und zu Musik aus dem Fernsehen kräftig den Staub aus ihnen heraus klopfte. Mit sechs Jahren erhielt ich Klavierunterricht. Die Pauke und das Schlagwerk kamen ein Jahr später dazu. Mit 13 wurde ich Jungstudent an der Folkwang Hochschule Essen/Duisburg. Ab diesem Zeitpunkt war der Berufswunsch eigentlich klar.
Was fasziniert Sie an Pauken?
Schacht: Die Funktion als Bassinstrument, der warme und dunkle Klang, das breite dynamische Spektrum. Die Pauke kann sowohl sehr laut als auch - was wenige wissen - sehr leise gespielt werden. Zudem gefällt mir mein Platz im Orchester. Ich sitze dem Dirigenten Auge in Auge gegenüber und bin sein erster Erfüllungsgehilfe, wenn es um Änderungen des Tempos geht. Diesbezüglich das ganze Orchester in der Hand zu haben, ist schon eine spannende Angelegenheit.
Pauke ist nicht gleich Pauke. Es gibt verschiedene Varianten, von der Schraubenpauke bis zur Pedalpauke. Welche nutzen Sie am liebsten?
Schacht: Im Sinfonieorchester benutze ich große Pedalpauken, die in der Tradition der Instrumentenbauer von Richard Wagner und Richard Strauss noch heute in Deutschland handgefertigt werden. Diese Instrumente spiele ich auch am liebsten. Für Barockmusik, besonders in historischer Aufführungspraxis musiziert, eignen sich Pedalpauken nicht. Dafür gibt es den Barockpauken nachempfundene Schraubenpauken mit kleinen Kesseln. Die Intonation dieser Pauken erfolgt nicht mit einem Pedal, sondern mit großen Flügelschrauben, die das Paukenfell unter dem Druckreifen über den Kessel spannen.
Als Solokonzert-Instrument kommt die Pauke in der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts eher selten vor. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Schacht: Die klanglichen Variationsmöglichkeiten sind im Gegensatz zu Streich- oder Blasinstrumenten gering. Schnell sind alle Möglichkeiten ausgereizt und das Pauken-Konzert bietet „nur“ noch optische Aspekte, wie eindrucksvolle, schnelle Bewegungen, das Anschlagen des Kessels oder Auflegen verschiedener Gegenstände auf die Felle während des Spiels. Reine Pauken-Konzerte gibt es daher selten. Häufiger kommt es vor, dass ein Satz aus einem Schlagzeug-Konzert der Pauke gewidmet ist.
Was sagen Ihre Nachbarn, wenn Sie zu Hause proben?
Schacht: Die Nachbarn können nicht klagen, denn zu Hause übe ich ausschließlich auf einem Übungsbrett, einer Trommel ohne Kessel. Dies geschieht nahezu geräuschlos. Als Solo-Pauker kann ich jedoch jederzeit in unserem Orchesterproberaum in der Burgunderstraße üben.
Kann eine Pauke leicht kaputt gehen - oder gehört sie zu den strapazierfähigsten aller Instrumente?
Schacht: Die Pauke sieht zwar auf den ersten Blick robust aus, ist es aber gar nicht. An ihr befinden sich zahlreiche bewegliche Teile, die verbiegen oder brechen können. Die Felle aus Kalbshaut sind besonders anfällig für Witterung, Luftfeuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Daher ist es sehr wichtig, dass die Pauken fachgerecht behandelt werden und niemand der Versuchung erliegt, sie als Ablage zu nutzen. Für den Transport der Pauken besitzt das Orchester maßgefertigte Transportkisten.
Die Pauke gehört nicht gerade zu den leisesten Instrumenten. Wie groß ist das Gesundheitsrisiko, wenn man Pauker im Orchester ist? Wie schützen Sie Ihre eigenen Ohren - und die der Kollegen?
Schacht: Die Belastung meines Gehörs ist sehr hoch - genau wie bei den Kollegen, die vor mir sitzen. Daher übe ich ausschließlich mit Gehörschutz. Im Orchesterspiel jedoch ist dies schwierig, da ich mit Stöpseln im Ohr weniger Kontrolle über die Intonation, die tatsächliche Lautstärke und das Zusammenspiel habe. Sicherlich ist die Schallexposition eine negative Seite an meinem Beruf, dennoch habe ich ihn freiwillig gewählt. Dass der Beruf des Orchestermusikers mit einer Schädigung des Gehörs einhergehen kann - dieses Risiko bin ich bewusst eingegangen.