Sinfoniker und ihr Instrument (3): Zufall, Glück und ein göttliches Horn

Miriam Freymond ist seit 2009 Solo-Hornistin im Wuppertaler Sinfonieorchester.

Frau Freymond, woraus besteht und wie genau funktioniert ein Horn?

Miriam Freymond: Das Horn besteht aus gebogenen Rohren aus Messing oder Silber, die entweder unlackiert oder mit Messing, Silber oder Gold lackiert sind. Von den anderen Blechblasinstrumenten unterscheidet es sich dadurch, dass die Rohre vom Anfang (Mundrohr) bis zum Ende (Schalltrichter) konisch und nicht zylindrisch verlaufen (Anmerkung der Redaktion: Konisch bedeutet „wie ein Kegel geformt und spitz zusammenlaufend“). Auf das Mundrohr kommt das Mundstück. Um einen Ton zu erzeugen, setzt man die Lippen an das Mundstück und lässt durch die richtige Kombination von Luft, Spannung und Druck die Lippen vibrieren, die wiederum die Luft im Horn und das Horn selbst in Schwingung versetzen. Nun kann man, in dem man die Ventile benutzt, die schwingende Luftsäule verkürzen oder verlängern, was den Ton erhöht beziehungsweise vertieft. Da aber mit einer Ventil-Kombination viele verschiedene Töne möglich sind, definiert man den Ton zusätzlich durch die stärkere oder schwächere Lippenspannung.

Es gibt verschiedene Horn-Arten. Welches Horn ist Ihres?

Freymond: Mein Horn ist ein Doppelhorn der „Gebrüder Alexander Mainz“ (Anmerkung der Redaktion: Die Firma Gebrüder Alexander mit Sitz in Mainz ist nach eigenen Angaben Deutschlands älteste Metallblasinstrumenten-Manufaktur).

Das Horn gehört zu den exotischeren Instrumenten im Orchester. Wie sind Sie auf das Horn gestoßen?

Freymond: Durch Zufall und Glück: Der Hornlehrer an meiner damaligen Musikschule hat an einem „Tag der offenen Tür“ das Horn so schön vorgestellt und darauf vorgespielt, dass ich sofort von dem schönen Ton fasziniert war. Als ich gleich meinen ersten Ton darauf spielen konnte, gab es kein Zurück mehr.

Ist das Horn kosten-, pflege- und wartungsintensiv?

Freymond: Im Vergleich zu den wertvollen Streichinstrumenten ist es bestimmt sehr günstig. Bei den Blechblasinstrumenten bewegt es sich preislich im oberen Mittelfeld. Da Blech kein lebendiges und sich stark veränderndes Material wie beispielsweise Holz ist, ist es nicht sehr pflegeintensiv — man sollte aber das Mundstück und Mundrohr regelmäßig reinigen und das ganze Horn einmal pro Jahr professionell warten lassen.

Nun aber vom Äußerlichen zum Inhaltlichen: Welcher Komponist hat aus Ihrer Sicht das Horn verstanden und geschätzt wie kein Zweiter?

Freymond: Richard Strauss fällt mir da als erster Komponist ein. Sein Vater, Franz Joseph Strauss, war ein begabter Hornist. Richard Strauss hat zwei wunderbare Hornkonzerte geschrieben, eines in sehr jungen Jahren und eines gegen Ende seiner Schaffenszeit. Wobei das Horn in all seinen Orchester-Werken tragende Figuren hat, die äußerst anspruchsvoll, aber doch so hornistisch geschrieben sind, dass sie noch spielbar sind. An dieser Stelle darf ich bestimmt auf das Sinfoniekonzert im März aufmerksam machen, bei dem „Eine Alpensinfonie“ von Strauss zu hören ist — darauf freue ich mich sehr.

Haben Sie ein Lieblingsstück?

Freymond: Es ist unmöglich, mich für ein einziges Stück zu entscheiden, denn ich habe sehr viele Lieblingsstücke, zum Beispiel die Werke von Bruckner, Mahler, Mozart, Strauss, Brahms, Wagner, Schubert und Schostakowitsch . . .

Was war Ihr schönstes Erlebnis im Wuppertaler Sinfonieorchester?

Freymond: Eines der schönsten Erlebnisse war mein allererstes Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle im Dezember 2008, unter anderem mit Schuberts „Unvollendeter Sinfonie“ und dem Adagio der 10. Sinfonie von Gustav Mahler. Als ich hörte, wie wunderschön der Hornton in der Stadthalle klingt, wollte ich unbedingt einen Platz im Sinfonieorchester Wuppertal haben, um hier spielen zu dürfen. Ein weiteres besonders schönes Erlebnis war das Abonnenten-Konzert (Anmerkung der Redaktion: Anfang Februar spielte das Orchester zusammen mit Abonnenten). Die Begeisterung und die Leistungen der Abonnenten, die unseren Beruf zum Hobby neben ihrem eigenen Beruf haben, waren sehr beeindruckend.

Blechbläser sind nicht selten Ziel spöttischer Bemerkungen. Was das Horn betrifft, kursieren Gerüchte wie dieses: „Warum ist das Horn ein göttliches Instrument? Antwort: Ein Mensch bläst zwar hinein, aber Gott allein weiß, was herauskommt.“ Über welchen Witz können Sie wirklich lachen?

Freymond: Über genau diesen. Denn eigentlich ist es kein Gerücht, sondern eine Tatsache, die wir selbst gerne schmunzelnd erzählen.