Sinfoniker und ihre Instrumente (6): Das „menschlichste“ Instrument

Sinfonikerin Vera Milicevic weiß aus eigener Erfahrung, dass Cellisten lange Finger haben sollten.

Das Violoncello wird umgangssprachlich auch Cello genannt. Was ist Ihnen lieber — die Kurz- oder die Langform?

Vera Milićević: Die Kurzform ist mir lieber, und seitdem das Lied „Cello“ von Udo Lindenberg so bekannt ist, wissen auch wirklich alle, welches Instrument das ist.

Woher stammt der Name Violoncello?

Milicevic: Der Name kommt aus dem Italienischen und bedeutet „kleiner Violone“ — der Violone ist ein historisches Streichinstrument.

Sie spielen ein „stacheliges“ Instrument. Das Violoncello ist im 16. Jahrhundert entstanden, der Stachel an der Unterseite wurde hingegen erst im 18. Jahrhundert erfunden. Bis dahin mussten die Musiker das Violoncello zwischen den Beinen festklemmen. Sind Sie froh, dass Sie heute — und nicht im 16. Jahrhundert — leben? Oder würde es Sie reizen, ohne „Stachel“ aufzutreten?

Milicevic: Ich finde es auf jeden Fall angenehmer, mit dem „Stachel“ zu spielen. Das Cello nur mit den Beinen zu halten, stelle ich mir sehr anstrengend vor.

Wie kamen Sie zum Violoncello?

Milicevic: Ich wollte anfangen, ein Instrument zu spielen. Meine Eltern haben mich damals in Serbien zu einer Musikschule mitgenommen, und ich musste eine Aufnahmeprüfung machen. Nach der Prüfung haben die Lehrer gesagt, dass das Cello am besten zu mir passen würde. Sie lagen richtig.

Welche Vor- und Nachteile hat Ihr Instrument?

Milicevic: Es ist groß und nicht immer leicht zu tragen. Man muss übrigens für das Instrument immer einen eigenen Sitzplatz im Flugzeug buchen. Dafür hat es aber den schönsten Klang und wird oft mit der menschlichen Stimme verglichen.

Was sollte man auf jeden Fall mitbringen, wenn man sich als Virtuose am Violoncello einen Namen machen möchte?

Milicevic: Wie bei auch allen anderen Instrumenten gilt: Man muss sehr viel üben. Natürlich kann eine körperliche Prädisposition nicht schaden — dazu gehören zum Beispiel große Hände und lange Finger.

Ursprünglich hatten Violoncelli nur die Funktion der Bassführung. In Partituren wurden sie gar nicht erwähnt, sondern mit den Kontrabässen als „bassi“ zusammengefasst. Erst in der Klassik wurden die Violoncello- und Kontrabass-Stimmen in der Partitur getrennt. Beethoven war der Erste, der das Violoncello in seinen Kompositionen auch als Melodieinstrument verwendete. Heute ist das Violoncello fester Orchesterbestandteil. Sind Sie Beethoven auf ewig zu Dank verpflichtet und sein größter Fan? Oder gibt es gar andere Komponisten, die Sie deutlich besser finden?

Milicevic: Ich finde Beethoven natürlich großartig. Es gibt aber auch andere Komponisten, die ich gerne spiele. Bei der Orchesterliteratur freut man sich immer, wenn man als Cellist eine schöne Melodie spielen darf. Das ist oft der Fall bei den romantischen Komponisten. Solo spiele ich immer noch am liebsten die sechs Solo-Suiten von Johann Sebastian Bach.

Wenn Sie nicht Berufsmusikerin geworden wären — was wäre die Alternative gewesen?

Milicevic: Ich kann mir, ehrlich gesagt, keine Alternative vorstellen, und ich wollte nie etwas anderes werden. Es ist ein wunderschöner Beruf, nicht immer ganz leicht. Man braucht sehr viel Disziplin und Geduld. Aber das Gefühl zu haben, andere Menschen mit der Musik berühren zu können, und es dabei selbst zu genießen — das ist etwas ganz Besonderes.

Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis im Wuppertaler Sinfonieorchester?

Milicevic: Die beiden Japan-Tourneen. Die Konzerthallen, in denen wir gespielt haben, das nette Publikum, das Land und die Menschen, die wir kennenlernen durften, und die wirklich schönen Konzerte, die wir gegeben haben — das war eine tolle Erfahrung.