Tanztheater lädt zum Musik-Festival ein

Musiker aus aller Welt haben die Pina-Bausch-Stücke bereichert. Im Tal sind sie live zu erleben.

Wuppertal. „So etwas hat es bisher noch nie gegeben.“ Matthias Burkert, einer der zentralen kreativen Köpfe des Wuppertaler Tanztheaters, meint nicht nur den musikalischen Mix, sondern vor allem die Mischung der Menschen, die zwischen dem 23. November und dem 1. Dezember in Wuppertal zusammenkommen. Es sind Künstler aus der ganzen Welt — Musiker, die das Pina-Bausch-Ensemble bewegt haben und nach wie vor bewegen.

Man könnte es durchaus als kleines Festival bezeichnen. Dass im Programmheft stattdessen das weit weniger klangvolle Wort „Musikprogramm“ steht, zeugt von einer gewissen Bodenhaftung, die auch Burkert selbst an den Tag legt. „Spitzenklasse heißt nicht immer, auch berühmt zu sein“, sagt er mit Blick auf die Musiker, die zum Teil erstmals in Wuppertal auftreten.

Ist das Ganze also eine Reihe für eine musikalische Minderheit? Mitnichten. Denn die Werke der auftretenden Musiker kennen weit mehr, als man glaubt: Eingeladen wurden Künstler, deren Stücke in Pina-Bausch-Produktionen zu hören sind.

Bei mehr als 100 000 Zuschauern allein in der vergangenen Spielzeit ist der Kreis derer, die die Bühnen-Musik kennen, alles andere als klein. Die allerwenigsten jedoch dürften mit den unverwechselbaren Melodien aus „Danzón“, „Masurca Fogo“, „Nefés“, „Ten Chi“, „Rough Cut“ oder „Vollmond“ auch konkrete (Musiker-)Gesichter verbinden. Schließlich stehen auf der Bühne die Tänzer im Vordergrund — und nicht diejenigen, die ihnen musikalisch den Boden bereiten.

Pünktlich zum 40. Geburtstag des Tanztheaters soll sich genau das ändern: Das Wuppertaler Publikum hat Gelegenheit, die Musiker kennenzulernen, die das Ensemble Schritt für Schritt inspirieren. Und weil die Tänzer aus 16 verschiedenen Nationen an vielen Orten zu Hause sind, wird nun auch an vielen Orten in Wuppertal musiziert.

Dabei ist die Liste der Musiker genauso international wie das Ensemble: Félix Lajkó (Ungarn) tritt am Samstag, 23. November, um 15 Uhr im Skulpturenpark an der Hirschstraße auf. „Jun Miyake & Friends“ sind am selben Tag um 20 Uhr im Barmer Bahnhof zu erleben. Susana Baca (Peru) macht am 24. November, 15 Uhr, Station im Skulpturenpark. Das Balanescu Quartet wiederum musiziert am Montag, 25. November, um 20 Uhr zusammen mit Félix Lajkó im Opernhaus.

Auch Hazmat Modine (USA), Gong Myoung (Südkorea) und René Aubry (Frankreich) treffen sich im Bergischen Land. Die Idee, Wuppertal eine gute Woche lang zum Musik-Mekka im Namen von Pina Bausch zu erklären, hatte Tänzer Jorge Puerta Armenta. Burkert setzt sie zusammen mit Andreas Eisenschneider und Wolfgang Schmidtke um. Das Trio gehörte zu den langjährigen Vertrauten der Star-Choreografin.

Als Burkert 1976 erstmals eine Vorstellung des Tanztheaters sah, war er „sofort hin und weg“. Drei Jahre später war er erstmals als Pianist für Pina Bausch im Einsatz, 1980 folgte die erste feste musikalische Mitarbeit. Der gebürtige Duisburger muss es also wissen: Was musste ein Musiktitel haben, damit er für Pina Bausch infrage kam?

Die Antwort ist verblüffend. „Die letzte Frage war immer: ,Kann man dazu tanzen?’“ Viel wichtiger sei ein ganz anderer Aspekt gewesen: „Passt die Musik zur Stimmung? Passt sie in den Prozess, in dem wir uns bei den Proben gerade befinden?“ Auf jeden Fall brauchte es Dreierlei: „Kraft und Lebensfreude, aber auch Melancholie.“

Was der Experte selbst am liebsten hört? Da überlegt er nicht lange. „Wenn ich Musik höre, muss da Gänsehaut sein — in welcher Richtung auch immer.“ Die Vorfreude auf den internationalen Musik-Gipfel ist deshalb auch nicht zu überhören: „Es sind viele Gänsehäute möglich.“