Die National-Bank ist in einem repräsentativen Prachtgebäude aus dem 19. Jahrhundert untergebracht. Ist das wichtig?
Serie Eine Plastik als Ankerpunkt und Referenz
Tony Craggs „Large Standing Figure“ dominiert die Halle der National-Bank in Wuppertal.
Sie ist 4,3 Meter hoch, zeigt die für ihren Schöpfer typischen ineinander fließenden und schwingenden Gesichtszüge, ist knallrot und offenbart erst auf den zweiten Blick ihre feine Holzmaserung. In die Nähe der Skulptur kommt nur, wer die National-Bank an der Bankstraße betreten hat, nachdem ihm auf sein Klingeln Zugang gewährt wurde. Die „Large Standing Figure“ von Tony Cragg dominiert die elegante Halle der Bank, die sie zurückhaltend gewähren lässt. 2009 hat der Bildhauer sie eigens für diesen Raum geschaffen. Im Gespräch mit der WZ erinnert sich der Vorstandsvorsitzende der in Essen beheimateten Bank, Thomas A. Lange, wie es zu der Auftragsarbeit kam, erzählt, wie wichtig seinem Unternehmen die Förderung von Kunst und Kultur ist und warum es 2008 in das ehemalige Gebäude der Reichsbank zog.
Thomas A. Lange:
Der klassische Stil des Gebäudes kennzeichnet sich durch Schlichtheit und Würde, Harmonie und Schönheit. Architekturgeschichtlich war die Klassik zugleich Ausdruck vorbildlich regierter republikanisch-politischer Systeme. Insofern reflektiert das Gebäude Werte wie Solidität, Stabilität und Verlässlichkeit, Werte, die für unser langjähriges unternehmerisches und gesellschaftliches Selbstverständnis stehen. Insofern ist es im Rahmen unserer Wachstumsstrategie zugleich eine Richtschnur in der Auswahl unserer Gebäude auch in anderen Städten Nordrhein-Westfalens.
Wie kam es zur Cragg-Skulptur in der Wuppertaler Niederlassung?
Lange: Um unsere schon zuvor langjährige Verbundenheit mit der Stadt zum Ausdruck zu bringen, suchten wir nach einem künstlerischen Anknüpfungspunkt mit einem starken regionalen Bezug, auch als Zeichen unserer Verbundenheit mit der Region. Und da gab es nur eine Antwort: Anthony Cragg. Dies umso mehr, als wir schon vorher ein exzellentes Verhältnis zueinander hatten. Er gewährte uns das Privileg, diese wunderbare Skulptur für unsere Bank zu schaffen. Vorgaben haben wir ihm selbstverständlich keine gemacht. Alles andere hätte er - zu Recht - nicht akzeptiert, denn es geht nicht um Dekoration oder Möblierung, sondern ausschließlich um Kunst. Wir hatten lediglich den Wunsch, dass es eine Arbeit aus Holz, einem der kulturhistorisch wohl ältesten genutzten Pflanzen und nachwachsenden Rohstoffe, werden soll. Schließlich steht das Material für Solidität und Stabilität, also ebenso wie unsere National-Bank. 2009 haben wir die Skulptur erstmals in seinem Atelier gesehen.
Wie war das?
Lange: Einerseits Freude und Dankbarkeit für dieses großartige Werk, andererseits Spannung, wie die Skulptur von unseren Kunden, Mitarbeitern und der interessierten Öffentlichkeit aufgenommen wird.
Wie wurde ihr Platz in der Halle bestimmt?
Lange: Bevor der Künstler mit der Arbeit daran begann, fand eine gemeinsame Begehung der Räumlichkeiten statt. Über die Stelle (vor der Hauptwand der Halle zwischen den Säulen und gegenüber dem Eingang, Red.) bestand sofort Einigkeit. Hier ist sie gleichermaßen Ankerpunkt für die Bank und Referenz an den Künstler.
Welche Rolle spielt die Kunst für Ihr Unternehmen?
Lange: Eine zentrale und identitätsstiftende. Die Förderung von bildender Kunst durch ihren Erwerb, die finanzielle Unterstützung von Ausstellungen, die Auslobung des Internationalen Bergischen Kunstpreises, um nur einige Beispiele zu nennen, ist eingebettet in unser kulturelles und gesellschaftliches Engagement. Für uns ersetzt es zugleich die übliche, mitunter marktschreierische Werbung, die wir bei seriös, kompetent und bedarfsgerecht angebotenen Finanzdienstleistungen ablehnen. So haben wir, nur um zwei Beispiele zu nennen, in Wuppertal im letzten Jahr die großartige Ausstellung „Der Tod – der bleiche Freier“, die Präsentation zahlreicher Gipsskulpturen von Markus Lüpertz, im Skulpturenpark Waldfrieden ermöglicht. 2016 war es die Retrospektive Craggs im Von der Heydt-Museum. Allerdings ist die Förderung bildender Kunst nur ein Beispiel unseres Engagements. Auch die klassische Musik zählt dazu.
Warum konzentriert sich die Kunstsammlung auf Schüler und Lehrer der Düsseldorfer Kunstakademie?
Lange: Es ist eine Akademie von Weltruf. Zudem ist die National-Bank in ihrer Geschäftstätigkeit im Wesentlichen auf Nordrhein-Westfalen konzentriert. Seit 1921, kurz nach ihrer Gründung in Berlin, ist sie in Essen beheimatet. Da liegt der Anknüpfungspunkt nahe.
Wer kann Ihre Sammlung sehen?
Lange: Kunden, Mitarbeiter und die interessierte Öffentlichkeit. Wir schließen keinen aus. Teilhabe ist integraler Bestandteil unseres kulturellen und gesellschaftlichen Engagements. Wir bieten deshalb an den unterschiedlichen Standorten unserer Niederlassungen Führungen an. Zudem stellen wir die Arbeiten in unserer Sammlung für Ausstellungen zur Verfügung. Es ist uns ganz wichtig, nicht die Kunst zu erwerben, um sie letztlich den Augen der Öffentlichkeit zu entziehen, sondern um sie aktiv – auch den Erwartungen der Künstler entsprechend – zu präsentieren. So wurde die „Large Standing Figure“ beispielsweise schon 2010, also ein Jahr nach ihrer Fertigstellung, in der Werkschau Craggs „Dinge im Kopf“ im MKM Museum Küppersmühle für Moderne Kunst in Duisburg gezeigt.
Welche Künstler haben Sie noch in der Niederlassung Wuppertal?
Lange: Unter anderem Arbeiten von Katja Pfeiffer, die Professorin an der Uni Wuppertal ist, von David Czupryn, Cornelius Völker, Norbert Tadeusz, Bernd Koberling und Peter Bommels.