Verkehrte Odyssee: Musiktheater vertont griechische Antike
In seiner neuen Komposition wirft Konrad Hupfer einen beeindruckenden Blick auf die griechische Geschichte.
Wuppertal. Der Titel ist markant, das Werk groß angelegt. "Verdammt, die Sirenen singen nicht - Odyssee verkehrt" heißt das neue Musiktheater des Wuppertaler Komponisten Konrad Hupfer, das in der Immanuelskirche uraufgeführt wurde. Hupfer erklärt dazu: "Verkehrt meint nicht falsch, eher ergänzungs- und berichtigungsfähig - oder auch verdreht, wie seiten- und spiegelverkehrt oder rückläufig."
Tatsächlich wirft das rund zweistündige Stück einen neuen Blick auf die Geschichte des Griechen Odysseus, der erst zehn Jahre lang gegen Troja kämpfte, mit einer List schließlich siegte und dann weitere zehn Jahre für seine abenteuerliche Heimreise brauchte. Hupfer hat dazu einen sprachlich sehr gelungenen Text geschrieben, der das Heldentum hinterfragt.
"Krieg ist immer ein ungeeignetes Mittel, einen Konflikt zwischen zwei Königshäusern auszutragen", findet dieser Odysseus und folgt trotzdem seinen Mitstreitern. Er stellt sich ungeschickt an, fängt unnötig eine Schlacht mit den neutralen Mysiern an. Weil so viele tote Krieger am Hades ankommen, verwandelt Kirke sie schließlich in erstarrte Kleinst-Tiere, um größere Mengen davon auf einmal in die Unterwelt schaffen zu können.
Sanft schaukeln die Galeeren der Griechen per Videoprojektion von Markus van Elsen auf dem Meer, aus den Lautsprechern tönt Meeresrauschen und Vogelgezwitscher. Die neun Musiker - zwei Streicher, zwei Schlagzeuger, drei Holzbläser, Gitarre und Flügel - spiegeln die Stimmungen.
Die Soldaten marschieren mit entschiedenen, düsteren Klängen von Klavier und Schlagwerk. Altquerflöte und Bassklarinette murmeln sanftes Meer. Die Geige bezirzt Kirke mit intensiven Melodien, Flöte und Gitarre tremolieren gefühlvoll. Aufmerksam spielen sich die Musiker Klänge und Melodiefetzen zu.
Hupfer schafft ein großes, bunt schim- merndes Klanggemälde. Extreme Stimmungen allerdings liegen ihm fern. Selbst wenn die Mannen von Odysseus vom Lotos berauscht sind oder eine große Schlacht geschlagen wird, erheben sich die Instrumente nur leicht. Bombardement vom Band erschüttert die Zuhörer, und auch die im Meer lockenden Sirenen erweisen sich als Kriegs-Warnsirenen.
Die Schauspieler Julia Wolff, Thomas Braus, Theo Pfeifer und Andreas Ramstein sprechen und spielen den umfangreichen Text mit beeindruckender Intensität und Ausdruckskraft. Die betrachtenden Partien der Mezzo-Sopranistin Gudrun Pelker hingegen sind nur mit dem Textbuch zu verfolgen. Sechs Tänzer der Folkwang-Hochschule verkörpern mit viel Engagement die Mannen von Odysseus. Noch vor der Heimkehr Odysseus endet das beeindruckende Musiktheater etwas abrupt und gibt viel Stoff zum Nachdenken. Rund 50 Zuhörer applaudieren begeistert.