Kultur VPT: Die „Helden der Galaxis“ schauen nach vorn

Das Wuppertaler Vollplaybacktheater musste die Tour wegen Corona abbrechen. Man lebe von Reserven, doch die Nachholtermine stehen schon. Nicht alle im Kulturbereich haben dieses Glück.

Das Vollplaybacktheater: Britta Lemon, Sven Blievernicht, David J. Becher, Michael Baute,  Supaknut, Eilike Schlenkhoff, Dokter Thomas und Christoph Landwehr (v.l.).

Foto: Daniela Landwehr

Manchmal mimen Schauspieler Lehrer. Und manchmal sind Schauspieler Lehrer. Auf Britta Lemon und Dokter Thomas trifft das aktuell jedenfalls zu. Weil das Vollplaybacktheater corona-bedingt eine Zwangstourpause einlegen muss, spielen die beiden derzeit die Hauptrolle bei ihren drei Kindern – und das heißt momentan vor allem, mit Lina (12), Oskar (7) und Max (6) den Lehrplan der Schulen zu Hause zu pauken statt abends irgendwo in der Republik auf der Bühne zu stehen. „Wir sind kaltgestellt“, sagt Dokter Thomas, der im wahren Leben Thomas Hartung heißt. Das Virus hat den Kulturbereich fest im Griff und zwingt auch „Helden der Galaxis“, so der aktuelle Tourtitel, in die Knie.

„Dabei haben wir uns so doll auf die Tour gefreut“, sagt Hartung. Doch das vorläufige Aus kam von jetzt auf gleich. Und ziemlich chaotisch sei es gewesen, erinnert sich Kollege David J. Becher. Am 11. März stand Krefeld auf dem Programm, ein paar hundert Zuschauer sollten kommen. Doch die Stadt sagte Stunden vor dem Auftritt ab – wegen Corona. Das Gastspiel in Köln am nächsten Tag ging dagegen wie geplant über die Bühne – vor fast 1000 Besuchern. Dafür habe man sich im Nachhinein auch ein paar kritische Stimmen anhören müssen, „von wegen, warum wir nicht selbst abgesagt haben“. Man sei, so Becher, aber auch ein bisschen selbst von der Entwicklung, überrannt worden. Nach Köln war dann aber wirklich Schluss.

„Jetzt leben wir von Reserven.“ Denn eigentlich ist der Plan so: Ein Halbjahr Tour – mit Einnahmen. Ein Halbjahr Vorbereitung der nächsten Tour – fast ohne Einnahmen. „Das VPT ist schon Lebens- und Überlebensbasis, auch finanziell“, sagt Becher. „Wir sind ein Ensemble von Freischaffenden.“ Zwar hätten alle noch Nebenprojekte, vor allem natürlich im künstlerisch-kreativen Bereich, „Hauptberuf“ sei aber die Tour.

Das Vollplaybacktheater
hatte Glück im Unglück

Wobei, das betont Hartung und das betont auch Becher, das VPT noch Glück im Unglück hatte. „Die Auftritte sind ja nur verschoben.“ Ab September sollen alle ausgefallenen Termine nachgeholt werden. Wenn es klappt, wird es noch Zusatztermine in Wuppertal geben. Ein dickes Lob schieben die beiden an Bookerin Kirsten Baumeister hinterher. Die begleitet das Ensemble schon seit den Anfängen vor mehr als zwei Jahrzehnten und sorgte schnell für Ersatzdaten.

Andere Kulturschaffende treffe es heftiger, sagt Becher. „Bei denen fallen Auftritte ersatzlos aus. Viele leben von der Hand in den Mund.“ Und nicht vergessen dürfte man den ganzen Bereich, der dranhängt. Caterer, Gastronomen, die ohnehin unter Corona litten, oder auch Veranstaltungsagenturen und Locations.

Doch auch für das VPT sei die Verschiebung nicht ohne. Die letzte Tour sei schon eher kleiner gewesen. Auch die aktuelle, so wie sie geplant war, eher kurz. Die Ensemblemitglieder müssten gucken, wie sie nun über die Runden kommen. „Ich bin das gewohnt.“ Becher ist zum Beispiel noch als Moderator tätig. Jetzt habe er – gezwungenermaßen – aber auch Zeit für andere Projekte und beteiligt sich – unentgeltlich – beim Kultur-Eintopf-Projekt Stew.one. Er habe es aber als Single auch einfacher als die Kollegen mit Familie, ist er ehrlich.

Britta Cronauge alias Lemon, Hartung und Christoph Landwehr sind neben dem VPT auch als Schauspieler für das Programm „Mein Körper gehört mir“ in Grundschulen aktiv. Doch auch das pausiert jetzt natürlich. „Geld verdienen ist grad nicht“, sagt Hartung offen. Seine Frau und er hätten aber, schon allein wegen der Kinder und des Hauses, immer versucht vorzusorgen. In Corona-Zeiten kümmert sich Hartung vermehrt um die Nachbarschaft, erledigt zum Beispiel Einkäufe für die, die es nicht so gut können. „Persönliche Nähe in Zeiten des Einsamseins.“ Und er hofft, dass die Nachholtour im September starten kann, dann auch im Kulturbereich wieder ein bisschen Normalität einkehrt. „Ich bin da optimistisch.“

Auch Becher bleibt hoffnungsvoll. Die Mitglieder unterstützten sich gegenseitig, suchen Lösungen. Auch für Eilike Schlenkhoff und Michael Baute, die beim VPT im zweiten Jahr als Gäste dabei sind – im Wechsel für Lemon und Hartung, wenn die Kinderdienst haben. „Wir sind außerdem ja krisenerfahren“, sagt Becher. Vor ein paar Jahren führten finanzielle Schwierigkeiten des damaligen Veranstalters zum Aus der Tour. Das VPT lag kurzzeitig am Boden. Soweit sei es diesmal aber noch lange nicht. Was aufbaue, sei der Zuspruch der Fans. Viele hätten gar nicht nach einer Rückzahlung der Ticketkosten gefragt. „Überhaupt“, habe Becher den Eindruck, „erfahren gerade kleine Theater derzeit eine Wertschätzung“.