Müllers Marionettentheater Hundert Quadratmeter für die Theaterkulissen gesucht

Kulissen und Puppen sollen erhalten bleiben. Unter anderem, um weitere Auführungen zu filmen.

Foto: Müllers Marionettentheater

Der Thron steht leicht erhöht auf einer Stufe, die sich nach hinten wegklappen lässt und wie bei Kinderbüchern ein Orchester entfalet. Allein der Flötist, gehalten an einem in die Höhe entschwindenden Faden, bewegt sich. Stellvertretend für seine Mitstreiter. Noch heute kennen Ursula und Günther Weißenborn jedes Detail ihrer wunderbar komödiantischen Vogelhändler-Aufführung, die sie in einer biedermaierhaften, rosa- und hellgrün-farbenenen Hofballwelt spielen ließen. Eine fein gestaltete Kulisse für ihr Puppentheater, das es seit letztem Jahr nicht mehr gibt. In Rente gegangen ist. Gelagert werden muss. Aber wo?

30 Inszenierungen haben sie in über 30 Jahren geschaffen, mit viel Einsatz und Herzblut. 700 Puppen gab es dazu. Die meisten hat Ursula Weißenborn selber gefertigt. Feine, detailreiche Kunstwerke, die zugleich überaus beweglich sein können. Das Virtuose habe sie an den Marionetten gereizt, wie man mit ihnen spielen könne, antwortet sie auf die Frage, wie sie zu den Marionetten fand. Nach dem Starkregen vor bald drei Jahren, der auch den Keller des Theaters am Neuenteich nicht verschonte, wurden es deutlich weniger. Durch den Verkaufsbasar 2020 schrumpfte die Zahl weiter. Die, die geblieben sind, lagern auf dem heimischen Dachboden. Wie viele es sind, wird gerade geklärt, eine Inventarliste erstellt.

Gespräche über einen „Umzug“ von Aladin, Jim Knopf und Räuber Hotzenplotz ins Museum sind bislang nicht erfolgreich verlaufen. Das Museum für PuppentheaterKultur in Bad Kreuznach hat gerade erst eine wertvolle Sammlung gekauft, andere Anfragen sind noch nicht spruchreif. Die Corona-Pandemie unterbrindet Nähe und Taten. Außerdem wolle man mitreden, welche Puppen ins Museum gehen, Ensembles nicht einfach auseinanderreißen. „Ich will das Thema in Ruhe angehen“, wehrt die „Puppenmutter“ rasche Entscheidungen ab.

Die nun aber an anderer Stelle nötig werden: Für die Art Deco-Aufbauten aus feinem Holz mit den Fenstern aus Seidenpapier, in denen „Die Entführung aus dem Serail“ spielte. Für den 23 Meter hohen nund sechs Meter breiten Holzbaum des „Sommernachtstraums“, für die Puddingmaschine und die beleuchtete Baumtorte aus „Ritter Suppengrün und das süße Geheimnis“ nach dem gleichnamigen Buch von Karla Schneider. Für die lebensgroßen Instrumentenfiguren aus „Die Geschichte vom Soldaten“ von Strawinsky. Jahrelang „wohnten“ diese „mietfrei“ in einer ehemaligen Industriehalle auf dem Gelände hinter dem Puppentheater. Hier wurde früher geprobt, wurden Konzerte gegeben. Nun steht fest, dass die Kulissen so schnell wie möglich fortmüssen. Die jahrzehntelange gute Beziehung zum Vermieter komme zu einem „natürlichen Ende“, bedauert Günther Weißenborn und macht sich auf die Suche nach einem neuen Unterschlupf.

Gesucht wird ein neues, hundert Quadratmeter kleines Lager, das trocken, abschließbar und gut erreichbar sein und nichts kosten sollte. „Unsere Mittel sind endlich“, sagt Weißenborn. Man könne zwar gut leben, aber Geld, um zu investieren habe man nicht, habe schon jetrzt vom Ersparten dazugegeben. Die Filmproduktion des letzten Jahres war ein großer Kraftakt, der sich einerseits bislang nicht rechnet, andererseits Ansporn ist, um das Puppentheater fortleben zu lassen und weitere Inszenierungen zu verfilmen. Die kostenlose Nachfrage über Weihnachten mit ihren 300 Buchungen habe den Bedarf bestätigt, weise in Richtung weiterer Aufnahmen, für die das Theaterinventar benötigt werde.

Seit Jahresnbeginn muss für die hochwertig aufgenommenen Aufführungen von „Die kleine Meerjungfrau“, „Aladin und die Wunderlampe“, „Kleine Ente Plumps“, „Brummel, das Musical“, „Peterchens Mondfahrt“ und „Des Kaisers neue Kleider“ bezahlt werden. Erste Marketing-Bemühungen haben noch nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Die gezielte Ansprache junger Leute und die fehlende Streamingaffinität der Großeltern unter einen Hut zu bringen, sei nicht leicht, so Ursula Weißenborn. Die Herstellung einer DVD und die Präsentation auf den großen Plattformen wiederum teuer und aufwending. „Es gibt Wege, die brauchen aber Zeit“, sagt Weißenborn und will die Option für weitere Filme offenhalten, „es wäre dumm, das jetzt wegzuschmeißen“. Stimmt.