Bilder erzählen Stadtgeschichte Ein schwieriges Kunstwerk

WZ-Fotograf Kurt Keil erinnert sich an einen besonderen Fund im Museums-Archiv.

Die ehemalige Museumsdirektorin Sabine Fehlemann mit der Büste.

Foto: Kurt Keil

Über Jahrzehnte schlummerte sie im Keller des Von-der-Heydt-Museums. Öffentlich zu sehen war sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Doch aktuell ist die Hitler-Büste, die einst Arno Breker geschaffen hat, Teil der „Blockbuster - Museum“-Ausstellung. Liegend ist er platziert, „weil er ja ein gestürzter Diktator ist“, wie Direktor Gerhard Finckh unlängst beim Rundgang unserer Zeitung erklärte. WZ-Fotograf Kurt Keil dürfte einer der wenigen sein, der die Hitler-Büste vor langer Zeit vor die Linse bekam. Ende der 1980er Jahre, als das Museum modernisiert wurde und Mitarbeiter das Objekt im Keller wiederentdeckten.

Sabine Fehlemann, Vorgängerin Finckhs, führte Keil damals durchs Museums-Archiv. Kurz vor Weihnachten 1989. Der Auftrag des Fotografen: „Schöne Fotos machen für eine Reportage“, wie er sich heute erinnert. So richtig spannend fand Keil allerdings nicht, was Fehlemann ihm präsentierte. Woraufhin die Leiterin mit dem Breker-Werk „aus der hintersten Ecke“ kam. „,Wir haben den Kopf von unserem Führer, den verstecken wir immer ein bisschen’, hat sie gesagt“, erklärt Keil. „Und ich sagte nur: „Den nehmen wir. Zeitgeschichte ist Zeitgeschichte.“ Die Geschichte des Relikts lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Im Dritten Reich habe es wohl im Eingangsbereich des Museums gestanden. Während des Krieges war der Kunstbestand in die Feste Ehrenbreitstein bei Koblenz ausgelagert worden. Die Büste blieb offenbar in Wuppertal und wurde später durch eine Granate durchschossen.

Schwer beschädigt wanderte sie in den Keller. Verpackt zwischen Verschalungen und wohl nie mehr für eine Ausstellung vorgesehen, wie es im WZ-Artikel von 1989 hieß. Fehlemann konnte sich damals aber schon vorstellen, die Büste noch einmal zu zeigen. „Die Kriegszeit lässt sich kaum besser dokumentieren als mit diesem Hitler-Kopf, der durch sich selbst zerstört wurde“, wie sie in der WZ zitiert wurde. Fehlemann äußerte sich 1989 auch zum Künstler Breker, nannte ihn einen „ausgezeichneten Portraitisten“. Eine Meinung, die sie mit vielen Kritikern teilt. Doch was seine politische Haltung angeht, ist der 1991 Verstorbene höchst umstritten. Der 1900 in Elberfeld geborene Breker galt als Hitlers Lieblingsbildhauer. Ob er selbst ein Nazi war, nur ein bestürzend unpolitischer Künstler oder jemand, „der in seiner 73-jährigen großartigen künstlerischen Karriere eben sieben Jahre für den falschen Auftraggeber gearbeitet hat“, wie es 2015 ein Bewunderer Brekers gegenüber der WZ formulierte, lässt sich heute wohl nicht mehr klären. Er selbst äußerte sich nach 1945 kaum dazu. Auch seine Tochter wollte die Rolle ihres Vaters, der bei den Nazis auf der Liste der „Unersetzlichen Künstler“ stand, 2015 gegenüber der WZ nicht kommentieren. Fest steht, dass er nach dem Krieg – trotz seiner Verflechtungen im NS-Staat – nur als „Mitläufer“ eingestuft wurde und weiter Aufträge erhielt. Zwar weniger öffentliche, aber umso mehr private.

Während sein Hitler-Kopf in der Versenkung dämmerte, machte zuletzt 2003 ein anderes Werk von ihm in Wuppertal Schlagzeilen. Unbekannte hatten damals die Pallas Athene, die Kurt Keil natürlich ebenfalls auf Film gebannt hat, am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium vom Sockel gestoßen und „Weg mit Brekers Kriegsgöttin” drauf gesprüht – wohl als Protest gegen den Irak-Krieg. Es gab lange Diskussionen, ob die Göttin wieder aufgestellt werden sollte. Die Befürworter setzten sich durch, allerdings erhielt das Breker-Objekt eine begleitende und erklärende Tafel, um die Jugendlichen dazu zu bringen, sich mit der Skulptur auseinanderzusetzen.

Und der Hitler-Kopf? Ihm diagonal im Ausstellungsraum steht in einem Glaskasten eine kleine Holzfigur, die der Münchener Bildhauer Karl Röhrig 1933 schuf. Ein klares Signal, war Röhrig doch ein Künstler, der sich – anders als Breker – nicht mit dem NS-Regime einließ.