Manche warten mit Koffern darauf, dass ein Zimmer frei wird oder zumindest ein Bett im Aufenthaltsraum. Andere haben nur kleines Gepäck dabei. Im Hopster-Fiala-Haus der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH bekommt die Wohnungslosigkeit von Frauen ein Gesicht. Zwischen 18 und über 80 Jahren sind diejenigen alt, die hier ein Dach über dem Kopf suchen. Zwölf Einzelzimmer gibt es und vier Klappbetten, die im Gemeinschaftsraum aufgestellt werden können.
In den letzten zehn Jahren habe sich die Zahl der Beratungen nahezu verdoppelt, berichtet Sozialarbeiterin Frauke Day. 125 Frauen übernachteten 2024 in der seit dem Jahr 2000 bestehenden Einrichtung der Diakonie Wuppertal, 2023 waren es noch 89 Frauen.
Der Tiefpunkt war
der Anfang für ein neues Leben
Auch Rita (Name geändert) hat hier sieben Monate gewohnt – nach vier Jahren, in denen sie durch die verschiedenen Wohnungen von Freunden und Bekannten getingelt ist. Nie wirklich zuhause, immer auf dem Sprung und immer verlorener und hoffnungsloser habe sie sich gefühlt, erzählt sie. Bis sie schließlich in der Notübernachtungsstelle für Frauen landete.
Rita hatte Glück, denn sie konnte sofort in eines der Einzelzimmer einziehen. „Was ich als Tiefpunkt meiner Wohnungslosigkeit angesehen habe, war der Anfang für ein neues Leben mit eigener Wohnung, Job und geregeltem Alltag“, sagt die 48-jährige Frau. Denn im Hopster-Fiala-Haus kam sie zum ersten Mal zur Ruhe.
Ihr wurde klar, dass sie ihr Leben, das sie in der Abhängigkeit eines Ehemannes und zahlreicher Freunde und Bekannter geführt hatte, selbst in die Hand nehmen musste. Unterstützt wurde sie dabei vom Team der zentralen Beratungsstelle für Frauen, zu dem fünf Sozialarbeiterinnen, zwei Hauswirtschaftskräfte und acht Studentinnen gehören. Die Suche nach einer Wohnung steht dabei immer im Mittelpunkt.
„Das ist ein enormer Kraftakt für viele Frauen, die in ihrem Leben so viel aushalten mussten und psychisch sehr labil sind“, sagt Sozialarbeiterin Frauke Day. Auch Rita musste bei ihrer Wohnungssuche eine Absage nach der anderen ertragen. Doch sie hielt durch, und nach sieben Monaten fand sie endlich eine private Vermieterin, die ihr sogar eine kleine Wohnung mit Garten anbot.
Mit der eigenen Wohnung konnte Rita ins Ambulant Betreute Wohnen der Diakonie wechseln. Sie ist nun eine von derzeit 32 Frauen und 28 Männern, die davon profitieren, dass sozialpädagogische Fachkräfte sie auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen.
Sozialpädagogin Kathrin Nolzen kommt regelmäßig vorbei, um mit Rita alle Fragen rund um Behördenangelegenheiten zu klären. Sie hat ihr beim Einrichten der Wohnung geholfen und auch dabei, einen neuen Job zu finden. Als gelernte Hauswirtschafterin arbeitet Rita nun in einer Großküche. Nach den langen Jahren der Wohnungslosigkeit braucht es Zeit, sich an die Herausforderungen eines normalen Arbeitsalltags zu gewöhnen. Rita ist sich inzwischen sicher, dass sie das schaffen wird.
„Der Weltfrauentag erinnert uns daran, wie stark Frauen sind und wie viel sie in unserer Gesellschaft leisten“, betont die Geschäftsführerin der Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH, Marion Grünhage. „Aber wir müssen sie auch stark machen. Wohnungen mit Sozialbindung sind kaum verfügbar. Dies trifft Frauen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind, besonders.“ Beispiele wie das von Rita zeigten, dass es Wege zu einem selbstbestimmten Leben gebe. Doch dafür braucht es einen Ausbau bestehender Angebote für wohnungslose Frauen angesichts der gestiegenen Zahlen. „In dieser Zeit zunehmender Wohnungslosigkeit sind die Frauen leider stark aus dem Blick geraten“, kritisiert Grünhage. „Das müssen wir dringend ändern.“
Was es heißt, sich in der Gesellschaft ungesehen und wertlos zu fühlen, weiß Rita nur zu gut. Viele Jahre habe sie sich selbst als „Nichtsnutz“ empfunden, erzählt sie. „Heute kann ich wieder in den Spiegel schauen und bin zufrieden mit mir, weil ich so vieles auf die Reihe bekommen habe.“