Lese-Projekt Pädagogische Werkstatt ist für Lesepreis nominiert

Ein Projekt soll Kindern in der Nordstadt Sprache spielerisch näher bringen.

Anne Richter von der Pädagogischen Werkstatt der Alten Feuerwache liest Sofia (9) vor. Foto: Anne Richter

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die Freude in der Alten Feuerwache ist groß: Ihr Projekt „Gemeinsam stark für Literacy im Quartier“ ist für den Deutschen Lesepreis in der Kategorie „Herausragendes kommunales Engagement in der Leseförderung“ nominiert. „Das ist eine sehr schöne Anerkennung für unsere Arbeit und den Erfolg, den wir gemeinsam erzielt haben“, sagt Anne Richter von der Pädagogischen Werkstatt der Alten Feuerwache.

Das Projekt ist eine Kooperation zwischen der Pädagogischen Werkstatt, die 2014 die Trägerschaft für das Programm „Ein Quadratkilometer Bildung“ übernahm, der Grundschule Markomannenstraße und weiteren kommunalen Einrichtungen. Ihr Ziel: Die Bildungschancen im der Elberfelder Nordstadt verbessern. „Unser Motto lautet: Kein Kind und kein Jugendlicher geht verloren“, sagt Anne Richter. Dafür sei der Umgang mit Sprache von entscheidender Bedeutungen. „Wir wollen schöne Sprachgelegenheiten für die Kinder schaffen. Sprache soll Spaß machen.“

Viele Kinder kommen kaum mit Sprache in Berührung

Das Problem sei, dass zahlreiche Kinder im Quartier keinerlei Berührungspunkte mit Sprache haben. „In vielen Haushalten gibt es weder Bücher noch Zeitungen“, erzählt Anne Richter. „Manche Kinder haben noch nicht einmal gesehen, wie ihre Eltern einen Einkaufszettel schreiben.“

Zudem lernen viele Kinder Deutsch erst als Zweitsprache. „Deutsch zu lernen, wird zunehmend schwieriger, wenn man nicht mit der deutschen Sprache in Berührung kommt“, sagt Anne Richter.

So entwickelt sich schnell ein Teufelskreis. Um aus diesem auszubrechen, fängt die Arbeit der Pädagogischen Werkstatt im Kleinen an. „Die Kinder haben oftmals große Hemmungen, mit Sprache umzugehen. Daher lesen wir ihnen zu Beginn nur vor, damit sie mit Sprache vertraut werden“, erklärt Anne Richter. „Schnell wollen sie dann aber auch selbst lesen.“

Zu Beginn des Projekts lasen die Mitarbeiter der Pädagogischen Werkstatt nur aus privaten Beständen vor; inzwischen gibt es sechs „Literacy“- Räume und mehrere Arbeitsgruppen, in denen den Kindern Sprache spielerisch vermittelt wird. 17 Ehrenamtliche beteiligen sich neben den Mitarbeitern der Pädagogischen Werkstatt daran.

Auch wenn eine besonders enge Zusammenarbeit mit der Grundschule Markomannenstraße besteht, werden mit dem Projekt auch Jugendliche angesprochen. Insgesamt etwa 30 Kinder und Jugendliche werden intensiv betreut und nehmen die Angebote der Pädagogischen Werkstatt wahr.

Im Fokus des Projekts steht nicht nur das Erlernen sprachlicher Fertigkeiten. „Besonders wird auch die sozial emotionale Entwicklung der Kinder gestärkt“, erzählt Anne Richter. „Da viele Kinder nicht mit Büchern aufgewachsen sind, kennen sie auch keine Geschichten.“ Beim Vorlesen und Selberlesen werden die Kinder mit Geschichten und Themen konfrontiert, die in ihrem Alltag sonst keine Rolle spielen. Gleichzeitig werde der Wortschatz enorm vergrößert. In der Schule bemerke man diese Entwicklung. „Wir hören von vielen Lehrern, wie toll sich die Kinder weiterentwickeln“, berichtet Anne Richter.

In Zukunft sollen auch die Familien im Quartier noch mehr in das Projekt miteinbezogen werden. „Wir richten gerade Lesetaschen ein, in denen sich mehrsprachige Literatur befindet“, sagt Anne Richter. „Die Taschen können dann von den Eltern ausgeliehen werden, um Zuhause daraus vorzulesen. Wenn wir den Lesepreis gewinnen, werden wir das Preisgeld in diese Lesetaschen investieren.“