Letzte Chance für Wuppertaler Klau-Mädchen

Warum sechs Schülerinnen aus Wuppertal den fünften Ferientag auf der Anklagebank verbrachten.

Wuppertal. Es ist nicht selten dass Jugendliche, die beim Stehlen erwischt werden, vor Scham in Tränen ausbrechen und sich an Ort und Stelle entschuldigen. Nicht so die sechs 15- bis 18-jährigen Frauen aus Wuppertal. Fünf Tage vor Heiligabend 2008 wurden sie in Essen beim Klauen erwischt. Die Quittung gab’s am Montag: Während ihre Altersgenossen den fünften Ferientag genossen, mussten die sechs auf der Anklagebank Platz nehmen. Der Vorwurf: Diebstahl.

Reue? Die sucht man bei dem Sextett vergebens. Sie feixen, grinsen, werfen sich gegenseitig vielsagende Blicke zu. Schule oder Ausbildung spielen gelinde gesagt eher eine untergeordnete Rolle. So ziemlich alle sind längst einschlägig vorbelastet, haben wegen Klauereien und Körperverletzung schon Dauerarreste und Arbeitsstunden hinter sich gebracht.

Und sie geben nur häppchenweise etwas zu: eine Jeans bei C&A, eine Adidas-Strickjacke bei Peek und Cloppenburg, Parfum bei Douglas, Ohrringe bei Claire’s. Als sie sich damals draußen in der Essener Fußgängerzone gegenseitig die Beute zeigten, sollen sie laut gelacht, sich mit dem gestohlenen Parfum besprüht haben. Da hatte ein Kaufhaus-Detektiv schon die Polizei alarmiert. Mehrere Stunden dauerte es, bis die Mädchen endlich die Rufnummern ihrer Eltern herausrückten. Ein Polizeibeamter im Zeugenstand: "Sie waren laut, frech, abweisend, nicht kooperativ und aggressiv."

Die so charakterisierten jungen Frauen recken die Hälse, lachen spöttisch. Erfahrenen Ermittler wissen: Jugendliche klauen oft nicht, weil sie arm sind, sondern weil sie sich in der Clique beweisen wollen. Der Polizist im Zeugenstand hat wenig Gutes zu berichten. Aber immerhin, er spricht über die Mädchen. Nach Ende seiner Aussage sagt er "Tschüss" - auch in Richtung Anklagebank. Von dort antwortet der Mädchen-Chor überraschend zart: "Tschühüss."

Es folgt das Vorstrafenregister. Eine Haupttäterin hatte am Tag vor der Essen-Klau-Tour gerade ein Anti-Aggressionstraining hinter sich. Sie hätte es besser wissen müssen. Eine andere 16-Jährige hat ihre Nachbarin - eine Erwachsene - die Treppe regelrecht hinunter getreten und angespuckt. Vier Wochen Dauerarrest gab es im vergangen Jahr dafür.

Offenbar blieb die junge Frau davon gänzlich unbeeindruckt. "Sie zeigte sich unbelehrbar, labil, unreif, aggressiv", heiß es im Bericht der Anstaltsleitung. Teilweise hockte sie deshalb ganze Tage in ihrer Zelle. Was tun mit solchen Fällen?

Eine 15-Jährige kam mit einem Jugendarrest davon. Eine 16-Jährige mit einer Bewährungsstrafe über 9 Monate. Eine weitere 16-Jährige bekam ihre letzte Chance: Wenn sie innerhalb der kommenden sechs Monate ihren Lebensstil ändert, wird sie ebenfalls auf Bewährung verurteilt, ansonsten muss sie für ein Jahr in Haft. "Ich will das jetzt durchziehen", gelobte sie gestern.

Die Verfahren der übrigen drei Mädchen wurden eingestellt - ohne Auflagen. Das Trio hörte sich aber noch die Begründung der Urteile gegen ihre Freundinnen an. Doch weil eine von ihnen dabei einmal mehr feixte, musste sie vorzeitig den Saal verlassen.