Der Sportler der Woche Der Schwede mit dem kühlen Kopf
Wuppertal · Auch eine Platzwunde hielt Linus Arnesson beim 24:24 des BHC gegen Melsungen nicht auf.
Man schrieb am Donnerstagabend die 43. Minuten der dramatischen Handball-Bundesliga-Begegnung gegen Melsungen, als sich BHC-Rückraumrecke Linus Arnesson plötzlich mit der Hand an den Kopf fasste. Ein Melsunger Angreifer hatte ihn bei einer Wurfaktion mit dem Ellenbogen am Kopf getroffen, und der Schwede merkte wohl schneller als die meisten Umstehenden, dass da etwas an seiner Stirn nicht stimmte: Platzwunde. Arnesson rannte in die Kabine, wurde dort von Teamarzt Oliver Riemann getackert (mit einer Art Pistole geklammert), um seinem Team mit einem dicken Pflasterverband versehen keine fünf Minuten später wieder zur Verfügung zu stehen.
Typisch für den Schweden, der zumindest meistens einen kühlen Kopf behält, auch wenn es heiß wird. Trotz des dicken Pflasters auf Arnessons Stirn hatte Trainer Sebastian Hinze keinen Moment lang Bedenken, ihn wieder in den Kampf zu werfen, der sich in den letzten 15 Minuten zuspitzte. „Wenn er neben mir steht, gehe ich auch davon aus, dass er spielen kann“, meinte Hinze später und sah sich am Ende bestätigt. Denn mit seinem Tor zum 20:20 (dem erstmaligen Ausgleich nach der Pause), Klasseabwehraktionen und guten Anspielen leistete der 29-jährige schwedische Nationalspieler noch seinen Beitrag dazu, dass beim 24:24 Zählbares heraussprang. Dafür wurden die Löwen nach Schlusspfiff vom Publikum in der Klingenhalle frenetisch gefeiert.
„Kein Problem“, meinte Arnesson 20 Minuten nach Spielende und zeigte lächelnd auf seinen Kopf. „Ich muss nur eben ins Krankenhaus“, sagte er und verschwand zum Nähen in die Praxis von Teamarzt Riemann, um am Freitagmorgen – ohne Plaster – wieder beim Krafttraining mit der Mannschaft zu sein. Kein Mann der vielen Worte, sondern der Taten ist der Schwede und spielt damit im Konzept von Trainer Hinze eine wichtige Rolle – als Spiellenker, aber auch in der Abwehr. „Viele übersehen oft, dass Linus auch eine hohe Abwehrqualität besitzt“, lobt ihn Hinze und ließ den Schweden in den ersten beiden Spielen fast ständig auf dem Feld. „Offensiv sind wir in etwa auf einer Wellenlänge“, ergänzt Hinze. Während die Fans vor allem Arnessons spektakulären beidbeinigen Sprungwurf lieben, den er in dieser Saison allerdings noch nicht anbringen konnte, schätzt Hinze vor allem dessen Gefühl für Räume und seinen Blick für den Nebenmann. „Und er ist sehr aufnahmefährig für die Taktik“, sagt Hinze. Da passt es, dass dem Schweden im Mannschaftskreis die Aufgabe zufällt, stets die Taktiktafel bereitzuhalten, wenn Hinze sie bei Besprechungen braucht. Die Taktik sah Hinze am Donnerstag voll aufgegangen: „Wenn wir in der ersten Halbzeit neun freie Bälle verwerfen, haben wir ansonsten nicht viel falsch gemacht.“
Im Rampenlicht zu stehen, ist Arnesson sichtlich unangenehm, er ist nicht der Lautsprecher, sondern eher der Stille. „Starallüren ließe unsere Mannschaft auch gar nicht zu“, sagt BHC-Geschäftsführer Sport, Jörg Föste. Der Bergische HC definiere sich vielmehr über die mannschaftliche Geschlossenheit und die Disziplin. Den geistesgegenwärtigen Umgang mit seiner Verletzung nennt Föste für Arnesson eine Selbstverständlichkeit, die allerdings auch für die Entwicklung des Teams spreche. Bei Arnessons Ausfall stand es 15:17, der BHC war also in einer ganz schwierigen Situation, spielte aber scheinbar unbeeindruckt weiter und war sogar auf 17:18 herangerückt, als der Schwede wieder einsatzfähig war. Den Anschlusstreffer hatte Tobias Damm mit einem geistesgegenwärtigen Treffer ins leere Melsunger Tor gemacht. So hatte der Punktgewinn am Ende viele Väter, aber nur einen mit dickem Pflaster.
Um zu sagen, ob Arnessons Einsatz gegen die Rhein-Neckar Löwen gefährdet ist, sei es zu früh, meinte Trainer Sebastian Hinze am Freitag vorsichtig. Arnesson selbst würde wohl sagen: „Kein Problem.“