Neue Spielformen mit kleineren Teams Revolution im Kinderfußball: Skepsis und Begeisterung

Wuppertal · Der DFB will bei den Jüngsten neue Spielformen mit kleineren Teams einführen – Corona bremst.

Das neue System sieht vor, dass die Jugendfußballer auf kleinere Tore schießen.

Foto: Fußballverband Niederrhein

Die Klage, keine Straßenkicker mehr zu haben, ist im deutschen Fußball nicht neu. Die Zeiten der Rumpelfußballer der später 90er- und frühen 2000er-Jahre sind in der Nationalmannschaft zwar vorbei, doch, ob es aktuell in Sachen Zweikampfverhalten zur Weltklasse reicht, da streiten sich die Experten. Als eine Folge daraus will der Deutsche Fußballbund den Kinderfußball mit neuen Spielformen revolutionieren. Kleinere Mannschaftsgrößen, kleinere Felder, vier kleine statt zwei größere Tore – so sieht das Modell aus, das in einer ersten Pilotphase bereits in Bayern getestet worden ist und in dieser Saison eigentlich auch den Vereinen im Fußballverband Niederrhein (FVN) schmackhaft gemacht werden sollte.

„Corona hat uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt Michael Kurtz, Vorsitzender des Verbandsjugendausschusses und Präsidiumsmitglied beim FVN. Beispielsweise sei in Wuppertal der Tag des Jugendfußballs ausgefallen, an dem man den Vereinen das Modell praktisch vorführen wollte. „Wir wollen bestimmt nicht auf Konfrontation gehen, sondern die Vereine überzeugen“, so Kurtz.

Marco Ohl, Abteilungsleiter Fußball bei den Sportfreunden Dönberg, berichtet von einer großen Begeisterung bei Fußballern und Trainern, der SF-Bambini, die vom FVN zu einem Demo-Turnier mit vier Vereinen nach Duisburg eingeladen worden waren, als das noch möglich war. „Die Kinder haben viel mehr Ballkontakte, und auch diejenigen, die bei sieben gegen sieben sonst nicht so zum Zug kommen, können hier mal Tore erzielen und sich Erfolgserlebnisse holen.“

Neue Spielformen im Kinderfußball

Foto: FußballverbandNiederrhein/Fußballverband Niederrhein

Aus Vereinssicht gebe es aber auch Bedenken, so Ohl. Beispielsweise die nötige Anschaffung der kleinen Tore, die auch stabil sein müssten. „Man braucht gleich zwölf, wenn man wie in Duisburg parallel mit drei Teams spielen will.“ Ganz praktisch käme dann auch die Lagerung der Tore hinzu, erst kürzlich sei den SF ein Jugendtor vom eigentlich gesperrten Platz gestohlen worden. Dann brauche man auch mindestens drei Trainer pro Team, die das Spiel beaufsichtigten, und es dürfte Probleme für Mannschaften geben, die gar keine zwölf Spieler zusammen bekämen, um drei Spiele parallel zu bestreiten. Schließlich benötige man ja mindestens vier Spieler pro Team. Nach jedem Tor-Erfolg soll nämlich ein Spieler ausgewechselt werden, fasst Ohl zusammen. Für den Spielbetrieb hält er das System deshalb vorerst noch für wenig geeignet. Für Turniere und auch fürs Training sei es aber „Weltklasse“.

Eher skeptisch ist Dirk Büttgenbach, Jugendleiter des Cronenberger SC, allein schon wegen der offenen organisatorischen Fragen. Er räumt aber ein, dass er sich darüber noch keine großartigen Gedanken gemacht hat, mit seinen Trainern erst lockere Gespräche darüber geführt habe. „Einige haben schon signalisiert, dass sie nicht einverstanden sind, aber noch ist ja auch alles auf freiwilliger Basis“, so Büttgenbach. Jetzt im Lockdown gebe es ohnehin keine Möglichkeit, das zu testen. 

Karl Häger, der Vorsitzende des Kreisjugendausschusses, hatte das Modell bereits in einer Arbeitsgruppe vorgestellt und fasst die Meinung dort so zusammen: „Für die Kinder eine gute Sache, aber ein großer Aufwand.“

Michael Kurtz betont, dass man das Freiwilligkeitsprinzip beibehalten werde. Er ist aber überzeugt, dass die Spielform gerade für diejenigen, die bei den Bambinis neu starteten, interessant sei und sich schnell durchsetzen werde. Genau wie vor wenigen Jahren die Fairplay-Liga – ohne Schiedsrichter und mit Eltern auf Abstand. Teilweise werde es sogar weiter in der E-Jugend verfolgt.

Vielleicht gebe es nach dem Lockdown ja schon erste Trainer, die beim Kreis Interesse am neuen Pilotprojekt anmeldeten. Zumal es ja dort auch keine Tabellen geben soll, sondern Spaß und Spielfreude absolut im Vordergrund stehen sollten.