Die Faszination des Einradfahrens

In Kursen des SSV Germania sind Körperbeherrschung und auch ein Stück Akrobatik gefragt. Vor allem Mädchen machen mit.

Foto: Stefan Fries

Auf zwei Rädern fahren — das kann ja jeder! Aber nur auf einem? Das ist schon etwas Besonderes und erfordert große Körperbeherrschung. Und so ist der wohl häufigste Satz, den Vera Kröger in ihren Einradkursen beim SSV Germania zu hören bekommt: „Schau mal Vera, was ich kann“.

Einfach mal ein paar Meter ohne stützenden Helfer vorwärtsfahren, ohne herunterzufallen, ist die erste Hürde, die die Schützlinge der Zirkuspädagogin zu nehmen haben. Rückwärts oder im Kreis sind die nächsten Schritte, langsam und dabei trotzdem das Gleichgewicht halten, ist schon eine Kunst. Wer das beherrscht, kann auch versuchen, mit nur einem Bein zu treten, im Damenaufstieg (das heißt von der Seite) aufzusteigen oder mit dem Oberkörper auf dem Sattel den „Flieger“ zu machen.

„Wir wollen künftig noch mehr Freestyle machen“, sagt Vera Kröger, weil sie weiß, dass das für Begeisterung bei den Aktiven, die 8 bis 20 Jahre alt sind, sorgt. Begeistert ist auch der SSV-Vorsitzende Thomas Janssen, für den die Einradabteilung etwas Exotisches und inzwischen auch ein Aushängeschild des Vereins ist. „Ob beim Tag des Sports, beim Hoffest, beim AWG-Fest oder bei der Werkzeugkiste — sie treten immer gerne im Namen des Vereins auf“, freut sich Janssen.

Sein Vorgänger Michael Ramin hatte Vera Kröger, die seit Jahren Zirkus- und Einrad-AGs an vielen Grundschulen leitet, gefragt, ob sie das nicht auch im Verein machen könne. Sie konnte und brachte gleich einige Schüler mit, denen die AG nicht reichte. „Das war damals für uns sozusagen die Initialzündung für weitere Kooperationen mit der Grundschule Küllenhahn, beispielsweise im Bereich Tischtennis“, hebt Janssen heraus.

Und die Einradgruppe beim SSV wuchs. Mittwochs sind es in der Sporthalle Küllenhahn momentan 16 bis 20 fast ausschließlich Mädchen, die sich vor allem auf das Erlernen des Einradfahrens und das Einüben von Choreographien konzentrieren. „Bei der Zirkusschule donnerstags sind wir acht bis zwölf. Da sind dann mehr Jungs dabei, und wir jonglieren auch oder üben draußen Fahren“, so Kröger, die die Einradgruppen immer weiterentwickeln will. Kürfahren, auch mal Trails oder Rennen, wie beim Nachbarn Ronsdorf-Graben, sollen künftig angeboten werden. Für dieses Jahr noch ist die Teilnahme an ersten Freestylewettbewerben geplant. Nur ein Rad, aber viele Möglichkeiten eben.

Faszinierend fand das auch die zehnjährige Romy Schmitz. Sie kannte Vera Kröger bereits von einer AG an ihrer Grundschule Haselrain in Nächstebreck. „Vera hat mir da gesagt, dass ich Talent zum Einradfahren habe“, sagt die Schülerin. Eher durch Zufall fand sie dann vor zwei Jahren auch den Weg zum SSV Germania. Ihr Bruder trainierte nebenan im Leistungszentrum beim SV Bayer Schwimmen. Als Romy, die ihn mit Mama Melanie dort abgeliefert hatte, die Einradfahrer des SSV Germania über den Schulhof fahren sah, stand der Entschluss fest: „Das will ich auch können. „Jetzt wechsele ich mich wöchentlich mit der Mutter einer Freundin von Romy ab und fahre die Mädchen hierhin. Es macht ihnen einfach so viel Spaß“, sagt Melanie Schmitz.

„Das ist auch eine sehr soziale Sportart. Man hilft sich gegenseitig, gibt sich Tipps“, ergänzt Angie Hofmann, die als Kind schon dem Einrad-Virus erlegen war, kurz nach der Gründung 2012 dann in die Gruppe kam und nun mit 20 Jahren Assistentin von Vera Kröger ist. „Wenn mal wenige Kinder da sind, schnappe ich mir auch selbst noch ein Rad und übe ein wenig“, sagt sie. Einradfahren kann eben nicht jeder, und genau deshalb ist es wohl so faszinierend.